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Pilze können schwarze Löcher ins Gehirn fressen

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Pilze können schwarze Löcher ins Gehirn fressen
Pilzbefall kann tödlich sein, warnen Mediziner. Als Todesursache würden sie jedoch sehr oft nicht erkannt. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle seien Pilzkrankheiten zwar ungefährlich. Insbesondere bei einem geschwächten Immunsystem könnten die Pilze jedoch in den Körper einwandern und dort schwere Schäden anrichten, berichten Mediziner der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft. Die Vereinigung von 800 Medizinern, die sich mit Pilzerkrankungen beschäftigen, tagt vom 13. bis 15. September in Marburg.

Der Berliner Mykologe Prof. Hans-Jürgen Tietz fand heraus, dass bei jährlich 4000 bis 5000 Toten in Deutschland Pilzinfektionen eine Rolle spielen. Seine Hochrechnung basiert auf einer Langzeitstudie am Berliner Uniklinikum Charite. Dort wurden 23 Jahre lang so gut wie alle Leichen der im Klinikum Verstorbenen obduziert. „Bei 13.375 Obduktionen fanden wir 93 Mal Pilze als Todesursache“, erklärt der Mikrobiologe. In vielen Fällen habe auf dem Totenschein jedoch etwas anderes gestanden.

Rund 150 Pilzarten können beim Menschen Krankheiten auslösen, erklärt Prof. Hans Christian Korting (Ludwig-Maximilians-Universität München), Vorsitzender der Mykologischen Gesellschaft. 10 bis 20 Pilzarten kommen häufig als Krankheitserreger vor, der Rest seien „Exoten“. Je nach Schätzung gibt es 100 000 bis eine Million verschiedenartigster Pilze – vom „Fußpilz“ bis zum Champignon.

Während Fußpilz sehr häufig vorkommt – fast jeder dritte Deutsche leidet darunter, oft ohne es zu wissen – sind die so genannten Innenorgan-Pilzerkrankungen sehr selten. Meist entstehen sie, wenn die Immunabwehr geschwächt ist, beispielsweise nach eine Chemo- Therapie oder im Zusammenhang mit einer Transplantation. Dann können Keime, die ohne größeren Schaden anzurichten auf der Haut, in der Mundhöhle oder der Scheide leben, in den Körper eindringen. Sie setzen sich in der Lunge oder anderen Organen fest und werden mit dem Blut weiter transportiert.

Im schlechtesten Fall gelangen sie ins Gehirn, wie Tietz erläutert. Die Ärzte an der Charite haben bei ihren Obduktionen 3.770 Leichen zusätzlich ins Gehirn geschaut und dort in 28 Fällen Pilze gefunden. „Die fressen regelrecht schwarze Löcher ins Gehirn“, berichtet Tietz. Dennoch seien die Patienten scheinbar gesund gewesen, hätten keine für Hirnerkrankungen typischen Beschwerden gehabt. Nur in sechs der 28 Fälle sei ein Pilz als Todesursache genannt gewesen.

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Sorgen macht den Mykologen die wachsende Zahl resistenter Keime, denen die verfügbaren Antipilzmittel nichts mehr anhaben können. Ein Grund dafür könnte sein, dass Menschen zu schnell zu Pilz hemmenden Mitteln greifen. „Eine reine Pilzbesiedelung muss nicht unbedingt behandelt werden“, sagt Korting. „Antimykotika sind nur nötig, wenn Pilze krank machen.“ Zudem könnte die Verwendung von Pilzmitteln im Pflanzenschutz die Entwicklung resistente Pilze begünstigen.

Dass Pilzinfektionen nicht auszurotten sind, ärgert Prof. Isaak Effendy (Bielefeld): „Wir können zum Mond fliegen, aber wir haben kein gutes Antimykotikum!“, beklagte der Hautarzt, der die Tagung in Marburg leiten wird. Die Pharmaindustrie in Europa engagiere sich jedoch nicht ausreichend gegen Pilze, kritisiert Effendy.

Sandra Trauner
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