Wie können Insekten durch das Schlagen ihrer Flügel den zum Fliegen benötigten Auftrieb erzeugen? Diese Frage fasziniert nicht nur Zoologen, sondern auch Flugzeugkonstrukteure, denn nach konventionellen aerodynamischen Berechnungen könnten sie eigentlich nicht vom Boden abheben. James Birch und Michael Dickinson von der University of California, Berkeley, beschrieben im Wissenschaftsjournal Nature (Vol 412) jetzt erstmals den genauen Strömungsverlauf am Flügel einer von ihnen gebauten „Roboterfliege“. Sie zeigen, dass Luftwirbel oberhalb der Vorderkante des Insektenflügels wesentlich zur Erzeugung des Auftriebs beitragen und erklären auch, wodurch die Größe dieser Wirbel beeinflusst wird.
Um herauszufinden, wie Insekten fliegen, führten Wissenschaftler bisher Versuche mit lebenden Insekten im Windkanal durch. Dabei treten jedoch Schwierigkeiten auf. Da die Insekten relativ klein sind und sie ihre Flügel so schnell bewegen, ist es schwierig, den genauen Strömungsverlauf der Luft zu bestimmen. Zudem können die Versuche nicht exakt wiederholt werden. James Birch und Michael Dickinson untersuchten die beim Insektenflug auftretenden Strömungen und Kräfte daher an ihrer „Roboterfliege“.
Die Bewegungen der 19 Zentimeter langen Plastikflügel des Insektenmodells werden von einem Computer gesteuert, der gleichzeitig die an den Flügelbasen auftretenden Kräfte misst. Da es schwierig ist, den Verlauf der Luftströmung um die Insektenflügel aufzuzeichnen, tauchten sie ihre „Roboterfliege“ in eine mit Öl gefüllte Wanne. Bewegen sich die Flügel, werden sie vom Öl umströmt. Die Ölströmung untersuchten die Wissenschaftler mit Hilfe von kleinen im Öl eingeschlossenen Luftbläschen. Sie bestrahlten das Ölbad abschnittsweise mit einem Laser und zeichneten die Bewegungen der Luftbläschen in der Ölströmung mit einer Digitalkamera auf.
Dadurch konnten sie nicht nur die an den Flügelvorderkanten auftretenden Wirbel sichtbar machen, sondern auch erklären, wodurch die Größe der Wirbel beeinflusst wird.
Andere Untersuchungen an Insektenflügel-Modellen waren bereits vor sechs Jahren durchgeführt worden. Ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Charlie Ellington konstruierte ein Modell mit einer Spannweite von über einem Meter. Das Modell testeten sie im Windkanal und entdeckten erstmals die an den Flügelvorderkanten auftretenden Wirbel.
Ralf Möller