Schon länger wissen Neurowissenschaftler, dass die Neuronen des Gehirns die Erinnerung an beispielsweise ein vertrautes Gesicht bilden, indem die entsprechenden Neuronen sich, je öfter das Gesicht gesehen wird, immer enger zusammenschließen. Dadurch wird die Möglichkeit verstärkt, Signale von einem Neuron zu einem anderen zu schicken. Dies ist vergleichbar mit der Kommunikation zwischen engen Freunden, die auf Grund ihrer Vertrautheit miteinander sich allein schon durch ein Nicken oder einen Blick verständigen können.
Bei der Entstehung des Schmerzes, der zum Beispiel auf einer Amputation beruht, kommt es den Forschern zufolge zu einer gewaltigen Entladung elektrischer und chemischer Energie im Nervensystem. Dadurch wiederum registrieren die Nerven im Rückenmark Schmerzsignale, auch wenn es keine physische Ursache mehr für den Schmerz gibt. Tatsächlich muss auch keine Gliedmaße mehr vorhanden sein, um das Schmerzgefühl zu übermitteln.
„Wir glauben nicht mehr, dass der Schmerz im beschädigten Gewebe entsteht, sondern dass er sich im zentralen Nervensystem, im Rückenmark und im Gehirn bildet“, sagt Yang.
Für eine Therapie dieses Schmerzes sehen Yang und seine Kollegen Proteine als Angriffspunkte an. Denn Dutzende von Proteinen seien bei der Übermittlung der Schmerzsignale beteiligt. Zusammen mit seinem Kollegen Christopher Wu konzentrierte sich Yang besonders auf eine Komponente namens Proteinkinase C (PKC). Aus früheren Mäuseversuchen anderer Wissenschaftler wissen sie, dass Mäuse, denen PKC fehlt, keine Phantomschmerzempfindungen zeigen.
Bis eine Eliminierung des PKC beim Menschen in Angriff genommen werden kann, wird es noch ein weiter Weg sein. Doch schon jetzt beschäftigt sich Yang mit der Verringerung einer bestimmten Form von PKC. Aus Rattenversuchen weiß er bereits, dass die Tiere, die ein geringeres Aufkommen dieses Typs von PKC aufweisen, weniger pathologische Schmerzen haben.
Die Ursachen für Phantomschmerzen sind in der Forschung bis heute umstritten. Doch dass der Schmerz im Gehirn entsteht, nehmen auch andere Theorien an. Vor einigen Jahren berichteten Forscherteams im Fachmagazin Science (Bd. 282, Nr. 5319, S. 1117) von der Beobachtung, dass sich Nervenbahnen stark umorganisieren können, wenn von bestimmten Körperregionen keine Signale mehr ans Gehirn gesendet werden. Bei Untersuchungen von handamputierten Makaken-Affen fanden die Wissenschaftler, dass im sensorischen Zentrum diejenigen Areale stark zurückgedrängt waren, die normalerweise die Handflächen oder die Finger repräsentieren. Durch diese Umbauten im Gehirn könnten Phantomschmerzen entstehen.