Erbfaktoren spielen auch bei den verschiedenen Angsterkrankungen eine Rolle, berichteten der Psychiater Wolfgang Maier (Universität Bonn), der Neurogenetiker David Goldmann (Bethesda/USA) und der Neurobiologe Dan Rujescu (Ludwig-Maximilians-Universität München). Bei der Panikstörung müsse mit ungefähr 40 beteiligten Genen gerechnet werden. Für die Schizophrenie werde angenommen, dass sie zu etwa 50 Prozent erblich sei. Am eindeutigsten seien bislang Genorte auf den Chromosomen 6 und 8 bestätigt worden.
Selbst eine erhöhte Anfälligkeit für Sucht werde durch die genetische Ausstattung gebahnt, sagten die Experten. Adoptierte Kinder aus Alkoholikerfamilien hätten auch in Pflegefamilien ohne Alkoholmissbrauch ein drei bis vier Mal höheres Risiko einer späteren Abhängigkeit. Die Forschung suche nach Genen für Rezeptoren an Nervenzellen, an denen Drogenmoleküle andocken und ihre Wirkung entfalten. Mehr Rezeptoren könnten eine schnellere Abhängigkeit bewirken. Der Anteil genetischer Ursachen von Sucht wird auf 50 bis 60 Prozent geschätzt.
Die Lokalisierung von Genen, die den Ausbruch psychischer Krankheiten fördern, sei allerdings noch nicht weit fortgeschritten, betonte Kongresspräsident Hans-Jürgen Möller. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass die genetische Grundlage auf einzelnen Genen beruht. Vielmehr sei von einem Bündel sich gegenseitig beeinflussender Gene auszugehen. Wenn diese gehäuft und in Kombination vorkämen, könne eine Erkrankung wahrscheinlicher werden.
Die biologische Psychiatrie befasst sich nach Möllers Worten mit den körperlichen Faktoren von psychischen Erkrankungen wie den Botenstoffen und der Struktur des Gehirns sowie den Genen. Die Rolle sozialer, familiärer und individueller Einflüsse solle damit nicht geschmälert werden, betonte Möller. Auch diese Bereiche müssten weiter erforscht werden.
An dem nach fünftägiger Dauer zu Ende gegangenen Kongress hatten sich mehr als 6000 Mediziner aus 80 Ländern beteiligt.