Migräne-Patienten werden nach Ansicht von Experten in Deutschland schlechter versorgt als in anderen EU-Staaten. Wie die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) berichtet, werden nur sieben Prozent der Betroffenen mit Triptanen behandelt, einer neuen Generation von Migränemitteln, die bei mittelstarken bis starken Migräne-Anfällen wirksam sind. Skandinavische Ärzte verordnen die Antimigränemittel sechs mal häufiger. Insgesamt liegt der durchschnittliche Triptan-Verbrauch in Deutschland nach DMKG-Angaben 50 Prozent unter dem EU-Durchschnitt.
Obwohl freiverkäufliche Schmerzmittel, sogenannte Analgetika, nur bei leichten Migräne-Attacken wirken, bekommen 50 Prozent der Patienten sie von ihrem Arzt verschrieben. Da nur die Hälfte aller Migräne-Kranken einen Arzt aufsucht, bedeute dies bezogen auf die Gesamtzahl aller Patienten, das schätzungsweise 75 Prozent aller Betroffenen freiverkäufliche Schmerzmitteln einnehmen, so die DMKG. Etwa 18 Prozent der Migräne-Kranken versuchten den Migräneschmerz mit älteren Mitteln, sogenannten Ergotaminen zu lindern. Die DMKG empfiehlt diese Mittel wegen ihrer Nebenwirkungen jedoch nur noch in bestimmten Fällen.
Wie DMKG-Experten betonen, müssten mindestens zehn Prozent aller Migräne-Kranken, also rund eine Million Patienten, aufgrund der Schwere der Anfälle, zwingend mit Triptanen behandelt werden. „Würden unsere Therapie-Empfehlungen von den Ärzten umgesetzt, könnten sehr viel mehr Patienten von einer effektiven Behandlung profitieren“, erklärt der Vizepräsident der DMKG, Volker Pfaffenrath. Umfragen zeigten jedoch, dass Ärzte Triptane als „Mittel der letzten Wahl“ nur dann verschreiben, wenn andere Medikamente nicht mehr helfen. Auch bestehe die Furcht, durch die Verordnung der teuren Triptane das Arzneimittelbudget zu überschreiten. Nicht nur die Lebensqualität der Patienten leide darunter. Krankschreibungen und schlechtere Leistungen am Arbeitsplatz summierten sich auf Kosten von jährlich acht Millarden Mark, so die DMKG.
Unter Migräne leiden in Deutschland etwa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung, das sind acht bis zehn Millionen Menschen. Nur die Hälfte davon lässt sich ärztlich behandeln.
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Almut Bruschke-Reimer