Eine Studie von Wissenschaftlern um Alcino J. Silva von der University of California, Los Angeles, weist darauf hin, dass der Hippocampus, auch „Ammonshorn“ genannt, beim Lernen selbst Informationen speichert, die erst später der langsamer lernenden Großhirnrinde ( Cortex) zur Langzeitspeicherung übermittelt werden. Weiter fanden die Forscher heraus, dass für die dauerhafte Festigung des Gelernten das synaptische Protein alpha-CaMKII benötigt wird. Ihre, diese Woche in Nature vorgestellten, Ergebnisse stellen einen ersten Schritt zur Enthüllung der molekularen und zellularen Mechanismen der permanenten Gedächtnisbildung dar.
Die Wissenschaftler untersuchten an genmanipulierten Mäusen den Zusammenhang zwischen dem Protein alpha-CaMKII und Lernen. Die Mäuse besaßen nur eine von zwei Kopien des Gens für das Protein und verfügten deshalb nur über die Hälfte der üblichen Menge des Porteins. In zwei „Hippocampus“-Lernaufgaben (siehe dazu auch
bdw-Meldung) lernten die Mäuse zuerst normal, vergaßen das Gelernte aber wieder schneller als normale Mäuse, auch wenn die Wissenschaftler intensiver mit ihnen trainierten. Daraus folgern die Forscher, dass der Aufnahmeweg beim Lernen selbst und das Festigen der gelernten Inhalte zwei verschiedene Aspekte der Gedächtnisbildung sind, die in verschiedenen Gebieten ? dem Hippocampus und dem Cortex – ablaufen.
Weiter untersuchten die Wissenschaftler bei den genmanipulierten Mäusen die sogenannte Langzeitpotenzierung (LTP) beim Lernen. LTP ist ein molekularer Mechanismus, der neuronale Verbindungen stärkt und der wahrscheinlich die Basis der Bildung von Erinnerungen und Lernen ist. Die Autoren beobachteten, dass in den normalen und genetisch veränderten Mäusen beim Lernen LPT im Hippocampus wie im Cortex induziert wird. Jedoch verschwand bei den manipulierten Mäusen LTP im Cortex unerwartet schnell, während es im Hippocampus normal weiter bestand. Dies scheint durch das Fehlen des Proteins erklärbar zu sein. Da LTP die Grundlage für Lernen ist, lernen die genmanipulierten Mäuse normal, können sich aber schlecht an das Erlernte erinnern.
Diese Ergebnisse stimmen mit der sogenannten „Consolidation“-Theorie der Gedächtnisbildung überein. Danach lernt nur der Hippocampus zu dem Zeitpunkt der Informationsaufnahme, also „online“. Später, wenn der Hippocampus „offline“ ist, wahrscheinlich während des Schlafens, werden die gespeicherten Informationen wieder abgespielt und so in den Cortex überführt.
Nicole Waschke