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Vorstellungsgespräche: "Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr"

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Vorstellungsgespräche: "Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr"
Wer zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, steht im Rennen um einen begehrten Job vor der letzten Hürde. Fachliche Qualifikation spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Jetzt ist das Auftreten vor dem potenziellen Arbeitgeber entscheidend. In einer Studie an der Freien Universität Berlin hat die Psychologin Monika Sieverding nun untersucht, inwiefern eine souveräne Selbstdarstellung im Vorstellungsgespräch tatsächlich den Erfolg der Bewerbung beeinflusst. Ihr Fazit: Wer mehr über sich spricht und sich seine Gefühle nicht vom Gesicht ablesen lässt, ist erfolgreicher.

Monika Sieverding, Gastprofessorin am Institut für Arbeits-, Organisations- und Gesundheitspsychologie, hat im Labor eine Bewerbungssituation mit 37 Frauen und 37 Männern simuliert. Die Versuchspersonen – gegenwärtige oder ehemalige Studierende der FU, für die eine Bewerbung auch im realen Leben anstand – absolvierten einen schriftlichen Leistungstest, einen Vortrag zur Selbstdarstellung der beruflichen Situation sowie ein standardisiertes Bewerbungsinterview.

Beim Vortrag zur beruflichen Selbstdarstellung sollten die Versuchspersonen etwa 5 Minuten über sich selbst sprechen. Anschließend wurde ein Interview mit den Kandidaten durchgeführt. „Um Interaktionseffekte zu vermeiden“, wie Sieverding erläuterte, saß den Versuchspersonen kein menschlicher Interviewer gegenüber, sondern die Fragen kamen vom Tonband. Die Versuchspersonen hatten jeweils eine Minute Zeit, um auf die Fragen zu antworten. Dabei wurden die Kandidaten auf Video aufgenommen, was sie auch wussten. So mussten sie ihren Gesichtsausdruck ebenso kontrollieren wie bei einem echten Gespräch. Das Interview beurteilten am Ende eine Ärztin und eine Psychologin mit Hilfe einer Ratingskala. Den Vortrag zur Selbstdarstellung hatten sie nicht gehört.

Es zeigte sich, dass die Gutachterinnen, obgleich sie ja den Selbstdarstellungsvortrag nicht gehört hatten, diejenigen unter den Bewerbern besser beurteilten, die beim Vortrag länger gesprochen hatten. Eine längere Sprechzeit deutete auf mehr Selbstsicherheit hin. „Diese größere Selbstsicherheit strahlten die Probanden dann auch noch im Interview aus“, sagte Sieverding. „Wenn man sich erfolgreich fühlt, ist man bei der nächsten Aufgabe auch selbstsicherer.“ Die Probanden wurden gebeten, nach dem Vortrag und dem Interview eine Selbsteinschätzung abzugeben. Daraus ging hervor, dass sie ihr „Wie war ich?“ nicht nur reflektierten, sondern dass das Gefühl tatsächlich auch die nächste Runde beeinflusste. „Wenigstens das Pokerface ist mir gelungen“, kommentierte zum Beispiel ein junger Mann seinen Auftritt.

Bei der Rededauer von Männern und Frauen stellte Sieverding signifikante Unterschiede fest. Männer sprachen durchschnittlich 3 Minuten 42 Sekunden, Frauen nur 2 Minuten 50 Sekunden. Zurückzuführen ist dies laut Sieverding darauf, dass Frauen häufiger als Männer ihre Kompetenzen unterschätzen und das „Anpreisen“ eigener Fähigkeiten als unangenehm, zum Teil als „unwürdig“ empfinden. Diese Potenzialunterschätzung und Bescheidenheit am falschen Platz trügen vermutlich dazu bei, dass Frauen seltener Karriere machten als Männer.

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Ob aber die Männer mit Pokerface, die den Eindruck, ein „Weichei“ zu sein, zu vermeiden suchen, tatsächlich kompetenter sind, stehe auf einem anderen Blatt. Wichtig sei eben, wie sich jemand darstellt. Dabei können – auch dies ist ein Ergebnis der Studie – durchaus professionelle Bewerbungstrainings helfen.

Doris Marszk
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