Bei der Frage nach der tatsächlichen und der gewünschten Staatsbürgerschaft zeigt sich die Haltung der türkischen Jugendlichen im Hinblick auf eine Integration am deutlichsten. Zwei Drittel der Befragten verfügen über einen türkischen Pass, knapp ein Drittel über einen deutschen Pass. Könnten die Jugendlichen sich frei entscheiden, sähen die Zahlenverhältnisse jedoch anders aus: Nur jeder sechste Befragte möchte wirklich nur die türkische Staatsbürgerschaft, setzt also bewusst auf Abgrenzung (Segregation). Aber auch nur jeder sechste wünscht sich allein die deutsche Staatsbürgerschaft und setzt damit auf die Anpassung (Assimilation) an die deutsche Gesellschaft. Fünfzig Prozent der türkischen Jugendlichen würden am liebsten beide Staatsbürgerschaften besitzen und plädieren für ein integratives Modell. Das restliche Sechstel der Befragten machte keine Angaben.
Zu ihrer kulturellen und sozialen Identität befragt, gaben die meisten Jugendlichen an, sich eher als Türken zu fühlen. Sie schrieben auch den Türken mehr Tugenden zu als den Deutschen. Sprachlich jedoch fühlen sich die meisten türkischen Jugendlichen deutlich eher im Deutschen zu Hause. Für das Türkische attestieren sie sich selbst sprachliche Defizite. Auch ihre Schullaufbahn sehen die jungen Türken mit Deutschland verknüpft. Die meisten möchten mindestens die mittlere Reife oder das Abitur machen.
Die Berliner Forscher untersuchten auch die Frage, wie sehr sich die Freundschaften zu deutschen Jugendlichen auf die soziale Identität auswirkten. Zu ihrer Überraschung konnten die Wissenschaftler nicht feststellen, dass viele deutsche Freunde die Türken zu höherer Integrationsbereitschaft brachten oder dass umgekehrt wenige deutsche Freunde die Abgrenzung begünstigten. Es zeigte sich auch, dass die türkischen Jugendlichen, die privat nur türkische Kontakte hatten, dies nicht unbedingt so gewollt haben. Im Gegenteil: Ein großer Teil dieser Jugendlichen hatte den Wunsch, in der Klasse neben deutschen Jugendlichen zu sitzen oder diese zu sich nach Hause einzuladen. Im Großen und Ganzen wollen sich die jungen Türken in die deutsche Gesellschaft integrieren, dabei aber nicht ihre emotionale Bindung an die türkische Kultur aufgeben.