Allergien wie Heuschnupfen, Asthma und Neurodermitis nehmen weltweit überall dort zu, wo der Lebensstandard westliches Niveau erreicht. Das berichteten Ärzte auf dem 20. europäischen Kongress für Allergologie am Mittwoch in Berlin. Der Grund dafür sei nach wie vor unklar, sagte Kongresspräsident Ulrich Wahn (Klinikum Charite Berlin). Es gebe mehrere Vermutungen, wonach genetische Veranlagung, Umwelt und vor allem Lebensstil eine Rolle spielten.
Epidemiologische Studien legen nahe, dass Kindergartenkinder mit vielen Infektionen später weniger für Allergien anfällig seien, sagte Wahn. Eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Untersuchung der Ludwig- Maximilians-Universität München zeigte, dass Landkinder mit engem Stallkontakt wesentlich weniger Allergien ausbilden. „Wir wissen aber nicht, was den Allergieschutz bewirkt“, sagte Wahn, „ein Virus, ein Bakterium oder ein Teil davon, in welchem Alter, auf welchem Übertragungsweg, mit oder ohne Allergene?“
„Die Aussage ‚Dreck schützt vor Allergien‘ greift allerdings zu kurz“, betonte Prof. Sergio Bonini (Rom), Präsident der Europäischen Akademie für Allergologie. Er warnte zudem davor, aus Angst vor Allergien auf Impfungen zu verzichten. „Das wäre die falsche Schlussfolgerung aus den Studien“, betonte er. Eine italienische Gruppe, an der er mitwirkte, habe sogar das Gegenteil herausgefunden: Je mehr Infektionen in den Luftwegen, desto höher das Risiko für Asthma. „Nicht jede Infektion schützt“, betonte Bonini.
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte in ihrer Grußadresse, sie setze große Hoffnung in die Erforschung des menschlichen Erbguts. Genetische Allergiediagnose werde bald in der medizinischen Praxis Wirkung zeigen. Die genauere Kennzeichnung von Lebensmittelinhaltsstoffen werde helfen, Nahrungsmittelallergien vorzubeugen. Zu dem viertägigen Kongress haben sich 5000 Ärzte aus 80 Staaten angemeldet.
dpa