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Landwirte sollen Biogas ins Netz geben – Gasversorger skeptisch

Technik|Digitales

Landwirte sollen Biogas ins Netz geben – Gasversorger skeptisch
Peter Schrum aus dem schleswig-holsteinischen Nortorf hat eine Vision: Er will die Landluft reinigen, den Bauern ihre Abfälle abnehmen, daraus sauberes Gas und hochwertigen Dünger erzeugen und gleichzeitig auch noch Geld verdienen. „Im nächsten Jahr sind wir so weit, dass wir große Mengen Biogas direkt in die Netze der Versorgungsunternehmen einspeisen können“, sagt der Vorstandschef der farmatic biotech energy AG.

Die 100-Mann-Firma, gelegen zwischen Rendsburg und Neumünster, geht im nächsten Monat mit ihren Biogas-Anlagen an die Börse und wirbt um das Geld der Anleger. In der nächsten Woche beginnt die Zeichnungsfrist, ab 9. April werden die Papiere am Neuen Markt gehandelt.

Tatsächlich ist die Biogas-Technologie den Kinderschuhen entwachsen und hat sich von einstiger Öko-Bastelei zu einer ausgereiften Technik mit ernsthaften wirtschaftlichen Perspektiven entwickelt. „Die Biogasnutzung steht heute dort, wo die Windkraft vor einigen Jahren stand – am Anfang einer großen Karriere“, jubelte unlängst die „taz“. „Es geht um die industrielle Umwandlung von Biomasse in Biogas zur Erzeugung regnerativer Energien“, sagt Schrum.

Schon bislang wird Gas von Mülldeponien und aus Abfällen der Landwirtschaft genutzt. In der Regel wird das Gas in kleinen Blockheizkraftwerken verbrannt, um daraus Strom und Abwärme zu erzeugen. Viel effektiver wäre es jedoch, das Gas dort zu verbrennen, wo die Wärme gebraucht wird, also es direkt ins Gasnetz einzuspeisen. Das ist grundsätzlich möglich, doch muss das Biogas zuvor aufbereitet und auf Netzdruck komprimiert werden. Das schafft einige technische Probleme und zusätzliche Kosten. Die wesentlichen Qualitätsmerkmale, vor allem Brennwert, Reinheit und Feuchtigkeit, dürfen nur wenig von der Erdgasqualität abweichen.

Die Firma farmatic will nun große Anlagen anbieten, die jährlich 30.000 bis 50.000 Tonnen Biomasse verarbeiten. Mit Spezialfahrzeugen, so ist das Modell, werden die Landwirte in der Umgebung abgefahren und ihre organischen Abfälle direkt in die Vergärungsanlage gebracht, von Küchenabfällen bis zu toten Tieren, aber auch schnell wachsenden Pflanzen. Die Anlage erzeugt ungefähr 200 Kubikmeter Gas pro Stunde, genug für die Versorgung von mehr als 1000 Haushalten. Übrig bleibt ein biologischer Dünger, der den Bauern den teuren Mineraldünger ersetzen kann. Kostenpunkt einer solchen Anlage: Weniger als zehn Millionen DM.

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Doch so schön der Plan auch klingt, die Experten bei den großen und etablierten Gasversorgern sind skeptisch. „Wir haben grundsätzlich nichts dagegen, Biogas in unser Netz zu übernehmen“, erklärt Technik-Geschäftsführer Rolf Günnewig von den Hamburger Gaswerken. Doch müsse die Qualität stimmen und auch der Preis. „Die Erzeugung von Biogas im Inland ist weitaus teurer als der Import von Erdgas aus Russland, Norwegen oder den Niederlanden“, sagt Günnewig. „Da stellt sich die Frage, wie sinnvoll so etwas ist.“ Denn Erdgas werde in den nächsten 100 Jahren nicht knapp und bleibe auf absehbare Zeit günstig.

So setzen die Biogas-Fans auf politischen Rückenwind für das populäre Thema der umweltfreundlichen Energien. Mit Biogas könnten 20 bis 25 Prozent des deutschen Energiebedarfs abgedeckt werden, sagt Ulrich Schmack von der bayerischen Schmack GmbH, einem anderen Anbieter von Biogas-Anlagen. Daran glauben Günnewig und andere Experten nicht: „Wir verkaufen im Winter bis zu einer Million Kubikmeter Gas pro Stunde“, sagt der Geschäftsführer. Um diese Menge eines einzigen Versorgungsunternehmens zu erzeugen, wären 5.000 Biogas-Anlagen notwendig.

dpa
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