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Hamster nagen an europäischem Vorzeigeprojekt

Erde|Umwelt

Hamster nagen an europäischem Vorzeigeprojekt
Der Feldhamster hat in Aachen seine „Unschuld“ verloren. Das possierliche Tierchen steht in der deutsch-niederländische Grenzregion für die schier unglaubliche Leidensgeschichte eines europäischen Vorzeigeprojektes, dessen Image von den Nagern angeknabbert ist. Seit über zehn Jahren arbeiten die Städte Heerlen und Aachen an dem grenzüberschreitenden Wissenschafts- und Geschäftspark „Avantis“. Jetzt, wo sie mit der Ansiedlung von Unternehmen die Ernte einfahren wollen, spitzt sich der jahrelange Streit um den vom Aussterben bedrohten Hamster empfindlich zu.

Die EU-Kommission hievte den Hamster-Streit unlängst auf die europäische Ebene. Die Bundesrepublik verstoße im Fall „Avantis“ gegen europäisches Umweltrecht, so der Vorwurf. Wenn Deutschland nicht reagiere, seien Gewerbegebiet und Hamster ein Fall für den Europäischen Gerichtshof.

Das verschafft deutschen und niederländischen Naturschutzverbänden Rückenwind. Im vergangenen Jahr torpedierten sie das Projekt mit Beschwerden beim Obersten niederländischen Verwaltungsgericht in Den Haag. Dabei drehte sich alles um die Frage: Leben auf dem Gelände tatsächlich noch Feldhamster? Inzwischen hat der Naturschutzbund Deutschland (NABU) den nächsten Angriff auf „Avantis“ gestartet. Bei der Verhandlung seiner Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Münster am 9. März geht es ausnahmsweise nicht um die Hamster, sondern um den Bebauungsplan. Der verstößt nach Meinung des Verbandes gegen Planungs-, Bau- und Naturschutzrecht.

Die „Avantis-Fraktion“ schüttelt ungläubig den Kopf. Auch für den Geschäftsführer des Parks, Han Hardy, steht fest, dass der Hamster längst durch die intensive Landwirtschaft vertrieben war. „Seit 1998 wird das Gelände zwei Mal im Jahr begangen“, erklärt er mit Nachdruck: „Wir haben bisher keine Hamster gefunden.“ Für ihn sind die Tiere mittlerweile ein Phantom.

Das sieht der nordrhein-westfälischen Europaminister Detlev Samland (SPD) ähnlich. Die Löcher, die die Naturschützer auf dem Gelände als Hamsterbaue identifizierten, stammten „nicht von Feldhamstern, sondern von Vermessungsstangen“, hatte er am Rande eines Besuches bei der EU-Umweltkommissarin in Brüssel gelästert. Dort waren er und Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) mit einem Hamsterschutzkonzept um Ausgleich bemüht.

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Für deutsche und niederländische Umweltschützer ist unbestritten, was ein Hamster-Spezialist im Auftrag der Landesregierung untersuchen soll: „Der Feldhamster existiert“, meint Claus Mayr vom NABU in Aachen. „Wie viele das sind, wird uns der Biologe sagen können, wenn er seine Untersuchung gemacht hat.“

Dessen ungeachtet wird auf „Avantis“ das erste Bürogebäude gebaut. Aachen und Heerlen erwarten davon eine Sogwirkung für andere interessierte Unternehmen. Denn der Image-Schaden ist bei allen Beteiligten unbestritten. „Sie würden auch kein Haus kaufen, wenn das Grundstück immer wieder in den Schlagzeilen steht“, macht Han Hardy die schwierige Vermarktung deutlich.

Der innovative Ansatz für „Avantis“ verblasst in der Hamster-Diskussion: Das Projekt wird als eine Art Versuchslabor für die Verschmelzung europäischer Regionen verstanden. Dabei sollen bis zu 12.000 hoch qualifizierte Arbeitsplätze entstehen. Die nächsten zwei Bauprojekte seien „zum Greifen nahe“, meint der Geschäftsführer fast schon etwas optimistisch, „wenn die unter Dach und Fach sind, dann sieht die Welt ganz anders aus.“

dpa
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