Wissenschaftler am Institut für Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung (MSZ) der Universität Würzburg haben einen neuen Weg zur Bekämpfung von Grippeviren gefunden. Durch den Einsatz einer Chemikalie stoppten sie erfolgreich die Vermehrung von Influenza-A-Viren. Über die Forschungsergebnisse berichtete jetzt das Fachblatt „Nature Cell Biology“.
Grippeviren bilden ständig neue Merkmale aus, gegen die neu entwickelte Medikamente und Impfstoffe bald wieder wirkungslos sind. Die Forscher versetzten deshalb Zellkulturen aus Epithelzellen mit einem Hemmstoff, der die Viren nicht direkt angriff. Die Substanz blockierte stattdessen einen Signalweg in den Zellen, auf den die Viren offensichtlich angewiesen sind. Der Stoff unterbrach nicht die Herstellung des viralen Materials, wohl aber den Zusammenbau des Virus. So konnten sich keine vollständigen Viren bilden und keine weiteren Zellen mehr infiziert werden. Der Hemmstoff selber schädigt die Zellen offensichtlich nicht, obwohl ein Faktor der Zelle ausgeschaltet wurde. Diese nicht toxische Wirkung bestätigte sich auch im Tiermodell. Das Ergebnis lässt sich nach Aussage der Forscher prinzipiell auf alle Zelltypen, die mit Influenza-Viren infizierbar sind, übertragen.
Um mit dem Influenza-Virus infizierte Zellen direkt zu treffen und möglichst wenig Nebenwirkungen zu erzeugen, können sich die Wissenschaftler die Anwendung des Hemmstoffs in Form eines Sprays vorstellen. „Wir haben einen Zielpunkt identifiziert, an dem man die Influenza-Viren angreifen kann. Für alles weitere, also für die Entwicklung einer Therapie, ist jetzt die pharmazeutische Industrie gefragt“, sagt Stephan Ludwig vom MSZ. „Wir sind durch Vermittlung der Firma Transmit in Giessen, einem Unternehmen, das zur Aufgabe hat, den Technologietransfer aus den Universitäten in die Anwendung zu katalysieren, bereits mit interessierten Firmen im Gespräch. Wir würden uns aber über weitere Kontakte mit möglichen industriellen Partnern freuen“.
Almut Bruschke-Reimer