Das in Deutschland entwickelte Thalidomid wurde in den fünfziger Jahren gegen Übelkeit während der Schwangerschaft eingesetzt. Zu spät erkannte man, dass es als „Nebenwirkung“ die Blutversorgung des ungeborenen Kindes beeinträchtigte und so Missbildungen der Gliedmaßen verursachte.
An der Studie, die noch auf 30 Personen ausgedehnt werden soll, nehmen zurzeit etwa ein Dutzend Patienten teil. Diese werden neben der standardmäßig durchgeführten Chemotherapie zusätzlich mit Thalidomid behandelt. Lee vermutet eine zweifache Wirkung des Medikaments: Zum einen stabilisiert es die zum Tumor führenden Blutgefäße. Dadurch gelangen die gleichzeitig verabreichten Krebsmittel besser in das kranke Gewebe. Zum andern wird das für die Neubildung von Geschwülsten notwendige Wachstum von Blutgefäßen gehemmt und damit die Entstehung von neuen Tumoren (Metastasen) verhindert.
„Die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten des inoperablen kleinzelligen Lungenkarzinoms sind unbefriedigend“, sagt Lee. „Neue, verbesserte Methoden werden dringend benötigt.“ An anderen Kliniken laufen derzeit ähnliche Studien zur Wirksamkeit von Thalidomid bei Hautkrebs, Nieren- und Hirntumoren sowie dem Kaposi-Sarkom.
Joachim Czichos