Cataulacus muticus baut ihre Nester in den Hohlräumen der Stämme des Riesenbambus, die bei starken Regenfällen regelmäßig überflutet werden. Dabei läuft das Wasser die Stämme herunter und in die Nester herein. Die Bewohner des Baus zeigen ein zweistufiges Verhalten, um das Wasser aufzuhalten: Erst versuchen Arbeiterameisen den Eingang zum Nest mit ihren Köpfen zu versperren, damit kein Wasser eintreten kann. Dieses Verhalten ist wirkungsvoll, kann das Nest aber nicht vollkommen wasserfrei halten. Das trotz allem eingedrungene Wasser wird von anderen Ameisen getrunken und außerhalb des Nestes wieder ausgeschieden. Dieses kooperative “Urinier-Verhalten” ist ein neu entdecktes Verhalten der Ameisen, die sich damit an ihren Lebensraum und ihr Nistverhalten in den hohlen Stämmen angepasst haben.
Auf die Spur der Strategie der “urinierenden” Ameisen kamen die Forscher im Laborversuch. Sie gaben gefärbtes Wasser in die Nester von drei Ameisenkolonien. Dabei beobachteten sie, wie die Ameisen das Wasser tranken, das Nest verließen und jede von ihnen ein Tröpfchen gefärbtes Wasser ausschied. Nach zwei Tagen hatten es die Ameisen geschafft, ihr Nest trocken zu legen.
C. muticus ist bisher die einzige Ameise, von der bekannt ist, dass sie ihr “Flutproblem” austrinkt und ausscheidet. Andere Ameisen spucken das Überschwemmungswasser aus ihren Nestern heraus. Dieses Verhalten zeigen jedoch nur Ameisen, die in lebenden Pflanzenstämmen wohnen. “Wir glauben, dass viele Ameisen, die ausschließlich in lebendigen Stämmen leben, eine Art der Wasser-Abwehrstrategie haben müssen”, sagt Moog. Laborversuche mit zwei anderen Cataulacus-Arten, C. catuvolcus und C. horridus, zeigten kein Verhalten zur Trockenlegung des Nestes. C. catuvolcus lebt in abgestorbenen Zweigen und C. horridus in faulem Holz. Diese Arten ziehen es vor, nach einer Überschwemmung umzusiedeln.
Nicole Waschke