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Sollten diesen Geist nicht aus der Flasche lassen ? Meinungen zum therapeutischen Klonen

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Sollten diesen Geist nicht aus der Flasche lassen ? Meinungen zum therapeutischen Klonen
Der Frankfurter Biochemiker Prof. Ulrich Brand hat vor der Forschung mit embryonalen Stammzellen gewarnt. „Wir sollten diesen Geist nicht aus der Flasche lassen“, sagte der Schriftführer der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie der dpa. „Da wird an einer Barriere gekratzt, an der wir nicht rühren sollten“ sagte er. Forscher dürften sich nicht dazu verleiten lassen, alles zu machen, was möglich ist.

Brands Einschätzung nach ist das therapeutische Klonen mit embryonalen Stammzellen der Einstieg in die Züchtung von Menschen: „Eine menschliche Dolly ist möglich“, sagte er. „Die Technologie ist sehr weit fortgeschritten.“ Daher sei die Frage nicht medizinischer, sondern ethischer Natur.

Der wissenschaftliche Wert solcher Forschung ist für Brand indes unstrittig. Doch es gebe auch andere Wege, um die Ziele zu erreichen, die mit dem therapeutischen Klonen verfolgt werden, wie zum Beispiel das Nachzüchten von Organen. „Das Züchten von Gewebe aus embryonalen Stammzellen erscheint gegenwärtig zwar als der geradlinigste, Erfolg versprechendste Weg“, sagte Brand. „Aber es gibt auch andere Perspektiven.“ Als Beispiele nannte er ethisch weniger bedenkliche Forschungen mit adulten Stammzellen (Stammzellen aus Erwachsenen) oder die Gentherapie.

Katholische Kirche besorgt über Klonen-Beschluss in England

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat mit „großer Besorgnis“ auf die Entscheidung des britischen Parlaments reagiert, das Klonen von Embryonen für therapeutische Zwecke zu erlauben. Dies bedeute einen „Dammbruch für Europa“, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Lehmann, am Mittwoch in Berlin. Hier werde „Leben produziert, um es zu verbrauchen“, sagte er weiter und fügte hinzu, dies „kann kein positiver Weg sein“.

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Nun werde der Druck wachsen, das Embryonenschutzgesetz entsprechend zu verändern, sagte Lehmann und kündigte Widerstand dagegen an. Er räumte allerdings ein, dass die Opposition gegen diese Tendenzen bereits geschwächt sein könnte. Wie bei der aktiven Sterbehilfe stelle sich beim Klonen für die Kirche die Frage nach dem Umgang mit dem menschlichen Leben insgesamt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte sich zuvor gegen „ideologische Scheuklappen und grundsätzliche Verbote“ in der Gen- Forschung ausgesprochen. In der „Woche“ verlangte er zudem eine Überprüfung des Embryonenschutzgesetzes von 1990 „im Lichte der rasanten gentechnischen und medizinischen Entwicklung“.

Großbritannien wird aller Voraussicht nach das erste Land Europas sein, in dem bis zu 14 Tage alte Embryos geklont werden dürfen. Das britische Parlament stimmte am Dienstagabend einem Gesetz zu, mit dem das Klonen von Embryos für therapeutische Zwecke erlaubt wird. Die embryonalen Stammzellen sollen vor allem dazu dienen, neues gesundes Gewebe für schwer kranke Patienten herzustellen. Das Klonen von Menschen soll weiterhin verboten bleiben.

Bulmahn gegen Klonen von Embryonen in Deutschland

Nach Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) hat sich auch Forschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) strikt gegen eine Freigabe des Klonens von Embryonen in Deutschland gestellt. Diese ethische Grenze sollte man nicht überschreiten, sagte Bulmahn am Mittwoch in Berlin mit Blick auf den Vorstoß von Großbritannien. Das britische Parlament hatte am Dienstagabend einem Gesetz zugestimmt, dass das Klonen von bis zu 14 Tage alten Embryos für therapeutische Zwecke erlaubt.

Dagegen sagte Bulmahn, sie sehe keinen Anlass, die Herstellung von Embryonen und ihre Klonierung zu Forschungszwecken in Deutschland zu erlauben. Vorrang müsse vielmehr die Forschung und Nutzung „adulter Stammzellen“ von Erwachsenen haben. Großbritannien stehe mit seinem Vorstoß auch in Europa alleine da. Bulmahn setzte sich erneut für eine Überarbeitung des zehn Jahre alten Embryonenschutzgesetzes ein. Dabei müsse aber das Klonierungsverbot aufrechterhalten werden. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Fischer geäußert.

EU-Kommissar begrüßt britischen Beschluss zum Klonen von Embryos

Die EU-Kommission hat die Entscheidung des britischen Unterhauses für das Klonen von Embryos für therapeutische Zwecke begrüßt. Der für Forschung zuständige EU-Kommissar Philippe Busquin sagte am Mittwoch in Brüssel, damit erhalte die Forschung ihren angemessenen Platz auf der politischen Tagesordnung. „Wir brauchen in Europa einen Dialog zwischen der Wissenschaft und der Gesellschaft auf dem Gebiet der Wissenschaft vom Leben, wobei die ethischen Fragen aufgeworfen werden und diejenigen, wie man verantwortlich mit den Forschungsergebnissen umgehen kann“, sagte der Kommissar.

Das britische Abstimmungsergebnis sei ein Beispiel kultureller Vielfalt in Europa, die sich auf demokratische Weise ausdrücke. „Die Kommission hat nicht die Absicht, auf dem Gebiet der Ethik zu reglementieren oder zu harmonisieren, und sie respektiert die Vielfalt der Kulturen und Standpunkte in Europa“, erklärte die Kommission weiter.

Dagegen nannte die Abgeordnete der Grünen im Europaparlament, Hiltrud Breyer, die britische Entscheidung einen „ethischen Dammbruch“. Das Schaffen von Leben für Forschungszwecke sei ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese zeigte sich entsetzt. Er verlangte von den EU-Staats- und Regierungschefs, auf ihren britischen Kollegen Tony Blair einzuwirken, damit das Gesetz nicht angewandet wird.

dpa
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