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Wir sehen erheblich weniger als wir glauben

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Wir sehen erheblich weniger als wir glauben
Theorie der großen Illusion

Der Mensch nimmt von der Welt, die ihn umgibt, weitaus weniger wahr als er glaubt. Dies zeigen Experimente verschiedener Wissenschaftler, wie „New Scientist“ berichtet.

Kürzlich verwickelten Daniel Simons, Psychologe an der Harvard University und sein Kollege Daniel Levin von der Kent State University in Ohio einen ahnungslose Passanten in folgendes Experiment: Ein Mann ging auf einen Passanten zu und fragte diesen nach einem Weg, der etwas schwer zu finden war und dem Passanten deshalb eine längere Beschreibung abnötigte. Mitten in seinen Erläuterungen kamen zwei Männer mit einer Holztür daher und gingen zwischen den beiden Gesprächspartnern hindurch. Nach dieser Unterbrechung setzte der Passant seine Erläuterungen fort. Als er geendet hatte, fragte ihn der Wegsuchende, ob er irgendeine Veränderung wahrgenommen habe, nachdem die Männer mit der Tür zwischen ihnen hindurchgegangen waren. Als der Passant verneinte, klärte ihn der Wegsuchende darüber auf, dass der Passant sich gerade in einem psychologischen Experiment befunden habe, dessen Ergebnis in diesem Fall war, dass der Wegsuchende, bevor die Männer mit der Tür kamen, eine andere Person war als jener Wegsuchende, der, als die Männer vorbei waren, sich dem Passanten wieder zuwandte. Tatsächlich war nämlich der erste Wegsuchende während des Tür-Vorgangs weggegangen und von einem anderen ersetzt worden. Beide Wegsuchende präsentierten sich anschließend dem Passanten, so dass dieser sehen konnte, dass es sich um ganz unterschiedlich aussehende Männer handelte. Insgesamt hatten 50 Prozent der befragten Passanten nicht bemerkt, dass der Frager nicht mehr derselbe war, nachdem die beiden Gesprächspartner durch die Männer mit der Tür unterbrochen worden waren.

Bereits 1991 hatte der Philosoph Daniel Dennett in seinem Buch „Consciousness Explained“ die These aufgestellt, dass unser Gehirn nur einige herausragende Details über die uns umgebende Welt festhält und dass das der Grund sei warum der Mensch in seiner Umwelt gut funktioniert. Wir speichern keine detailgetreuen Bilder in unserem Kurzzeitgedächtnis, so Dennett, denn das würde unserem Gehirn viel zuviel „Rechenleistung“ abverlangen. Diese These war zunächst heftig umstritten, ist aber mittlerweile von Psychologen noch mehr zugespitzt worden.

Kevin O’Regan, Experimentalpsychologe am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Paris vertritt die „Theorie der großen Illusion“: Er behauptet, der Mensch habe überhaupt kein Bild der visuellen Welt in seinem Gehirn gespeichert. Stattdessen greife er immer wieder auf die sichtbare Welt zurück, sobald irgendein neuer Aspekt wichtig wird. Die Illusion, ein Bild gespeichert zu haben, rühre daher, dass das Gehirn immer wieder neu die Abfrage „Sehe ich dieses oder jenes?“ macht.

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Auch wenn man die radikale Theorie von O’Regan nicht akzeptieren mag – es bleibt auch von anderen Experimenten soviel Zweifel an unseren Wahrnehmungsfähigkeiten, dass man sich fragen kann, wie hoch eigentlich eine Augenzeugenaussage zu bewerten ist.

Kevin O’Regan hat ein paar Bildexperimente ins Internet gestellt, bei denen man ausprobieren kann, wieweit man Veränderungen einer Szenerie wahrnimmt:

Fischfang

Frau mit Kajak

Speisendes Paar

Doris Marszk
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
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