Eine Arbeitsgruppe um Klaus-Peter Dahle hat seit 1976 die Lebensläufe von fast 400 ehemaligen deutschen Strafgefangenen analysiert. Hierzu studierten die Forscher Gerichtsakten, führten psychologische Tests und Einzelbefragungen bei den Männern durch und werteten neurologische Befunde aus. Aus diesen Daten kristallisierten die Wissenschaftler fünf typische Lebensverläufe heraus.
Da gibt es die „Späteinsteiger“, die ihren Ersteintrag im Bundeszentralregister für strafrechtliche Verurteilungen durchschnittlich erst mit 24 Jahren bekommen. Ihr Anteil an den Kriminellen liegt bei etwa 13 Prozent. Am „aktivsten“ sind sie zwischen ihrem 25. und 40. Lebensjahr, doch auch danach begehen sie immer wieder schweren Diebstahl sowie Betrugs- und Vermögensdelikte.
Die „Gelegenheitstäter“ (47 Prozent) beginnen ebenfalls spät sich kriminell zu verhalten, nämlich mit etwa 25 Jahren. Sie begehen entweder wenige große Straftaten, oder aber viele kleine.
Dagegen haben die „Jungaktiven“ ihre schlimmste Phase bis zu ihrem 25. Lebensjahr schon hinter sich. Ihr Anteil an den Kriminellen beträgt 11 Prozent.
Die Gruppe der „Altersbegrenzten Intensivtäter“ (11 Prozent) beginnt ihre kriminelle Laufbahn in der frühen Jugend und steigert ihre Aktivitäten hinsichtlich der Zahl und der Schwere der Vergehen bis zum 30. Lebensjahr. Danach lassen sie in ihren Aktivitäten deutlich nach. Nach dem 35. Lebensjahr begehen sie kaum noch Straftaten.
Die „Persistenten Intensivtäter“ schließlich entsprechen am ehesten dem Bild vom typischen Kriminellen: Sie zählen in jeder Lebensphase zu den aktivsten Straffälligen. Die von den Forschern untersuchten Personen, die dieser Gruppe zuzurechnen sind, hatten am Ende der Erhebung – die Straffälligen waren jetzt etwa 54 Jahre alt – um die 20 Einträge im Bundeszentralregister. Meist haben sie etwa 17 Jahre ihres Lebens im Strafvollzug verbracht. Das ist dreimal so viel wie bei den Kriminellen aller anderen Gruppen.
Die bisherigen Ergebnisse stimmen die Autoren zuversichtlich, dass die differenzierte Lebensverlaufsforschung auch langfristige Prognosen darüber zulässt, unter welchen Bedingungen Haftentlassene erneut straffällig werden und welche Interventionsmaßnahmen für welche Tätertypen am effektivsten sind.
Doris Marszk und idw