Die Peptide binden sich im Falle einer Infektion an die Zellwände der Bakterien und durchlöchern deren Membrane. Laszlo Otvos hat schon in der Vergangenheit wesentlich zur Klärung dieser Mechanismen beigetragen, nun ist es ihm mit seinen Kollegen gelungen, auch das entsprechende Rezeptor-Protein zu identifizieren. Es heißt DnaK und gehört zu den so genannten Heat-Shock-Proteinen. Sie spielen bei fiebrigen Infektionen eine bedeutsame Rolle. Die erhöhten Temperaturen führen nämlich zur Deformation der zellaufbauenden Proteine, die im Extremfall sogar völlig zerstört werden können. Die Heat-Shock-Proteine sind für die Reparatur dieser Schäden verantwortlich, sodass deren Funktionalität alsbald wieder hergestellt wird. Die Peptid-Moleküle der Insekten greifen genau in diesen Mechanismus ein, in dem sie die Heat-Shock-Proteine der bakteriellen Eindringlinge behindern. Das löchert letztendlich die Membran der Bakterien.
Von großer Bedeutung ist dabei, dass sich das Peptid der Insekten nicht an das menschliche Äquivalent zu DnAK, dem Protein Hsp70 bindet. Wäre dies so, könnte die Anwendung derlei Peptide großen Schaden anrichten, sie würden sich ja gegen die eigenen Heat-Shock-Proteine richten. Die Identifizierung der Wechselwirkungen zwischen den Peptid-Molekülen und dem DnaK legt die Grundlage für die Entwicklung überaus spezifischer Antibiotika – maßgeschneidert für ganz bestimmte Bakterien und Pilze.
Joachim Schüring und Biochemistry (online) vom 21. Oktober 2000