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Mäuse als Supernasen

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Mäuse als Supernasen
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Durch genetische Manipulation ist ein Riechrezeptor bei die Supernasen-Mäusen besonders zahlreiche vvertreten. Dadurch nehmen sie bestimmte Düfte besser wahr. (Grafik: D'Hulst et al./ Cell Reports 2016)
Sie könnten künftig Sprengstoff erschnüffeln und Landminen finden: Die Rede ist nicht von Spürhunden – sondern von Mäusen mit superempfindlichen Nasen. Die Nager mit dem feinen Riecher sind das Werk von Genetikern. Sie haben das Sinnesorgan der Tiere so verändert, dass es besonders viele Rezeptoren für einen ganz bestimmten Duftstoff enthält. Damit reagieren die Mäuse auf diesen Geruch besonders empfindlich – und erkennen ihn selbst in geringen Konzentrationen.

Der Mensch hat bei weitem nicht die beste Nase im Tierreich. Deshalb macht er sich im Alltag oft den Riechsinn anderer Lebewesen zunutze: Er lässt Schweine nach tief in der Erde verborgenen, schmackhaften Pilzen stöbern und Hunde nach Drogen, Sprengstoff oder verschütteten Personen suchen. Auch Krankheiten wie Diabetes oder Krebs können die Vierbeiner verlässlich erschnüffeln. Neben diesen bewährten Spürnasen trainieren Forscher jedoch längst auch andere Tiere darauf, bestimmte Objekte an ihrem Geruch zu erkennen. So wurden etwa schon Ratten und sogar Bienen bei der Sprengstoffsuche erprobt. Doch warum nur auf die Natur vertrauen, wenn man das Riechorgan der tierischen Helfer durch gezielte Eingriffe noch besser machen kann, als es ohnehin schon ist?

Überrepräsentierter Duftrezeptor

Diese Frage hat sich nun ein Wissenschaftlerteam um Charlotte D’Hulst von der City University in New York gestellt – und Mäuse erschaffen, die wahre Superschnüffler sind. Möglich machte das ein Eingriff ins Genom der Tiere: Die Forscher schleusten in das Erbgut der Mäuse das Gen eines bestimmten Duftrezeptors ein. Bei Mensch und Maus sitzen solche Rezeptoren an den Sinneshärchen in der Nase. Je nach Rezeptor erkennt eine Nervenzelle nur einen ganz bestimmten Duftstoff. Insgesamt verfügt der Mensch über 350 verschiedene Rezeptortypen, die in der Nase alle gleich stark vertreten sind – auch bei der Maus kommen normalerweise alle Rezeptoren ähnlich oft vor. Die Wissenschaftler veränderten das Erbgut der Nager jedoch so, dass das künstlich eingebrachte Rezeptorgen überdurchschnittlich oft exprimiert wurde. „Wir wissen zwar nicht, wie sich genau entscheidet, welches Neuron mit welchem Rezeptor ausgestattet wird“, erklären D’Hulst und ihre Kollegen. „Trotzdem können wir die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen, dass die Wahl auf einen bestimmten Rezeptor fällt.“ Der Trick: Sie fügten an die ursprüngliche DNA des Gens einen zusätzlichen DNA-Strang an – sozusagen als Verstärker: Denn je mehr Kopien sie davon ergänzten, desto mehr Neuronen exprimierten schließlich den eingeschleusten Rezeptortyp – eine Andockstelle für Acetophenon, das ähnlich riecht wie Jasmin. Nach dem gleichen Prinzip gelang es dem Team auch, statt des Mäuse-Rezeptorgens ein menschliches Gen in das Erbgut der Tiere einzuschleusen.

Doch würden die Nager tatsächlich eine feinere Nase für den zu diesem Rezeptor passenden Duft haben? Das testeten die Forscher mit einem einfachen Verhaltenstest. Dafür mussten die Mäuse lernen, ebendiesen bestimmten Duft zu vermeiden. Die Versuche zeigten: Die genetisch veränderten Nager sind wahre Superschnüffler. Sie erkannten den Duft selbst in Wasser verdünnt und in Konzentrationen, die ihre nicht genmanipulierten Artgenossen längst nicht mehr wahrnehmen konnten. Dabei schlugen sie sie um zwei ganze Größenordnungen. Die tierischen Supernasen bergen für die Forscher deshalb ein enormes Potenzial. Sie wollen ihre Methode nun kommerzialisieren. Schließlich lassen sich Nager mit dieser Technologie theoretisch für jeden beliebigen Duft sensibilisieren. So könnten sie künftig etwa Sprengstoffe wie TNT erschnüffeln und Landminen aufspüren – eine Idee, die ankommt: Vom US-Verteidigungsministerium hat das Team bereits Fördermittel erhalten, um genveränderte Sprengstoffratten zu trainieren. Auch als Vorbild für elektronische Nasen könnte der Ansatz dienen – zum Beispiel um anhand der Atemluft von Patienten Krankheiten sicher diagnostizieren zu können.

Quelle:

© wissenschaft.de – Daniela Albat
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