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Superauge Mensch

Erde|Umwelt

Superauge Mensch
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Wir registrieren sogar noch das EIntreffen eines einzelnen Photons auf unserer Netzhaut (Foto: Mark Kiuken/iStock)
Wir Menschen gelten gemeinhin nicht gerade als die Superaugen – es gibt viele Tiere, die vor allem nachts weitaus besser sehen als wir. Umso überraschender ist daher das Ergebnis eines aktuellen Experiments: In diesem weisen Forscher nach, dass zumindest einige Menschen sogar noch ein einzelnes Photon wahrnehmen können, das auf ihre Netzhaut trifft. Das würde bedeuten, dass die Lichtempfindlichkeit unserer Augen nur durch die Quantelung des Lichts selbst begrenzt ist.

„Obwohl dies seit 70 Jahren untersucht wird, ist bis heute unklar, wo die absoluten Grenzen des menschlichen Sehens liegen“, erklären Jonathan Tinsley von der Universität Wien und seine Kollegen. Entscheidend für die Lichtempfindlichkeit unserer Augen sind die Stäbchen, die Photorezeptoren, die für das Hell-Dunkel-Sehen zuständig sind. In ihnen verändert das Sehpigment Rhodopsin bei eintreffendem Licht seine Konformation und dies löst das elektrische Signal der Sehsinneszelle aus. Schon vor einiger Zeit ergaben Experimente, dass die Stäbchen schon auf ein einzelnes Photon reagieren. „Ob aber ein solches Ereignis auch vom Menschen bewusst wahrgenommen werden kann, blieb eine offene Frage“, so die Forscher. Einer der Gründe dafür: Es fehlte schlicht an der Technik, mit der sich einzelne Photonen auf das Auge eines Probanden schießen ließen. Bisher war es nur gelungen, mit Hilfe eines stark abgeschwächten Laserstrahls kleine Gruppen von fünf bis sieben Photonen auszusenden. Diese konnten von Betrachtern gesehen werden.

Für ihr Experiment haben Tinsley und seine Kollegen ein quantenoptisches Gerät entwickelt, das aus einem energiereichen Photon ein Paar von zwei korrelierten Lichtteilchen erzeugt. Dies geschieht mit Hilfe eines speziellen Kristalls. Der Vorteil dabei: Die Forscher können eines dieser beiden Photonen mit einem Photodetektor einfangen und registrieren und das andere auf das Auge ihres Probanden leiten. Dadurch lässt sich überprüfen, ob wirklich nur ein Photon ausgesendet wurde und auch, wann genau dies geschieht. Alle Durchgänge, in denen mehr als ein Photon abgegeben wurde, schlossen die Forscher im Nachhinein von der Auswertung aus. Für den eigentlichen Test saßen die Probanden – junge Männer mit optimaler Sehfähigkeit –  in einem lichtisolierten Raum, der zusätzlich noch in einer Dunkelkammer stand. Nach rund 40 Minuten der Dunkelanpassung starteten die Teilnehmer den Versuch durch Knopfdruck. Jeweils nach einem akustischen Signal folgten nun zwei kurze Zeitintervalle, in denen entweder ein Photon zu sehen war oder nicht. Die Probanden sollten anschließend angeben, in welchen Intervall sie glaubten, Licht gesehen zu haben und wie sicher sie sich darin waren. Insgesamt wiederholten die Forscher diesen Versuch mit verschiedenen Teilnehmern 30.800 Mal.

„Mehr als nur Zufall“

Wie die Auswertungen ergaben, lag die Trefferquote der Probanden im Gesamtdurchschnitt bei über 50 Prozent und war signifikant höher als bei reinem Zufall. „Das spricht dafür, dass die Teilnehmer ein einzelnes Photon mit einer mehr als nur zufälliger Wahrscheinlichkeit wahrnehmen können“, sagen Tinsley und seine Kollegen. Deutlich überzeugender fiel das Ergebnis aus, als die Forscher nur die Ergebnisse der Durchgänge werteten, bei denen sich die Probanden laut eigenen Angaben sehr sicher waren. „In diesen Fällen lag die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Antwort bei im Mittel 60 Prozent – was auf eine echte Wahrnehmung der Einzelphotonen hindeutet“, so die Wissenschaftler. „Unseres Wissens nach liefert dieses Experiment damit den ersten Beleg dafür, dass der Mensch einzelne Photonen wahrnehmen kann.“

Wie sensibel die menschliche Netzhaut auf das Licht reagiert, hängt dabei offenbar nicht nur von individuellen Unterschieden ab. Wie ein weiteres Experiment ergab, stieg die Trefferquote der Probanden auch dann, wenn die Forscher zwei Einzelphotonen nacheinander mit maximal fünf Sekunden Abstand auf ihre Augen schickten.  „Wir vermuten, dass die Detektion eines einzelnen Photons vorübergehend die Sensibilität des Sehsystems für solche Ereignisse in extrem lichtarmen Bedingungen erhöht“, erklären die Wissenschaftler. Dieser sogenannte Priming-Effekt „eicht“ das Auge sozusagen darauf, auf besonders schwache Signale zu reagieren. Welche neurophysiologischen Mechanismen diesem Effekt zugrunde liegen, sei jedoch noch unklar und müsse in künftigen Studien näher untersucht werden.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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