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Die wahrscheinlich ältesten Fossilien der Welt

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Die wahrscheinlich ältesten Fossilien der Welt
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Allen Nutman und eine Kollegin mit einer Probe der 3,7 Milliarden Jahre alten Stromatolithen (Foto: Yuri Amelin)
Ein spektakulärer Einblick in die Frühzeit der Erde ist Forschern auf Grönland gelungen: In einer gerade erst vom Eis freigelegten Gesteinsformation haben sie mögliche Spuren von 3,7 Milliarden Jahre alten Mikroben entdeckt. Die urzeitlichen Lebewesen hinterließen charakteristische Ablagerungen, die den heutigen, von Bakterien erzeugten Stromatolithen gleichen. Sollte sich dies bestätigten, dann wären dies die ältesten bisher bekannten Fossilien überhaupt.

Wann entstand das Leben auf der Erde? Diese Frage zu beantworten, ist alles andere als simpel – aus gleich mehreren Gründen. Zum einen besaßen die ersten einzelligen Lebewesen noch keine Knochen oder harte Schalen, so dass es schon eines echten Glücksfalles bedurfte, um ihre Überreste über die Jahrmilliarden hinweg zu erhalten. Zum anderen aber gibt es nur wenige Stellen auf der Erde, an der alte Gesteine aus der Frühzeit der Erde an die Oberfläche treten. Diese Formationen, darunter der sogenannte Isua-Grünsteingürtel auf Grönland, bestehen zudem aus Gestein, das im Laufe der Jahrmillionen durch Hitze und Druck stark verformt und verändert wurde – auch das keine guten Voraussetzungen, um darin noch Fossilien zu finden. Als bisher älteste Spur von urzeitlichem Leben galten bisher Ablagerungen in einem rund 3,5 Milliarden Jahre alten Sedimentgestein im Westen Australiens. Eine feine Streifung und Spuren organischen Materials in diesem Gestein deuten darauf hin, dass hier einst Stromatolithen wuchsen. Diese polsterartigen, von Mikroorganismen gebildeten Strukturen gibt es noch heute. Sie entstehen, wenn Bakterienfilme sich im flachen Wasser eines Meeres oder Sees ansiedeln und im Laufe der Zeit Schichten aus abwechselnd Zellmaterial und Sediment bilden.

Verräterische Schichten im Urzeit-Gestein

Durch einen glücklichen Zufall haben nun Allen Nutman von der University of Wollongong in Australien und seine Kollegen auch im Grünsteingürtel im Südwesten Grönlands mögliche Überreste solcher Stromatolithen entdeckt. Durch das wärmer werdende Klima war dort ein kleiner Bereich der Isua-Grünsteinformation freigelegt worden, der zuvor dauerhaft von Schnee und Eis verdeckt war. Bei näherer Untersuchung zeigte sich, dass ein rund 30 mal 70 Meter großer Felsbereich der Umformung durch Druck und Hitze im Laufe der Erdgeschichte weitestgehend entgangen war. „Dies trug dazu bei, dass die feinen Details der ursprünglichen Strukturen in diesem Gestein erhalten blieben“, berichten die Forscher. An zwei Stellen dieser 3,7 bis 3,8 Milliarden Jahre alten Formation entdeckten sie Auffallendes: millimeterfein geschichtete Strukturen von einem bis vier Zentimeter Höhe, die teilweise konisch in die Höhe ragten und teilweise eher flachen Polstern glichen. Aus der Form und Schichtung der Strukturen schließen Nutman und seine Kollegen, dass es sich hier um Fossilien urzeitlicher Stromatolithen handeln muss – und damit die möglicherweise ältesten Spuren irdischen Lebens.

Doch zu entscheiden, ob ein versteinerter Stromatolith tatsächlich von urzeitlichen Mikroben erzeugt wurde oder doch nur durch nichtbiologische Prozesse, ist nicht einfach. Die Forscher führten daher mehrere Analysen unter anderem der Isotopengehalte und der chemischen Zusammensetzung der feinen Schichten durch, um mehr über deren Entstehung zu erfahren. Aus diesen geht hervor, dass in den Polsterstrukturen signifikant mehr Titan und Kalium angereichert ist als im umgebenden Sediment. Auch die Verteilung der Kohlenstoff- und Sauerstoffisotope spricht nach Ansicht der Forscher dafür, dass es sich um von Mikroben geschaffene Stromatolithen handelt. Ebenfalls auf einen biogenen Ursprung deute zudem die steile, asymmetrische Form der Stromalithen und die Art der Schichtung hin. Beides ähnelt den Urzeit-Stromalithen, die zuvor schon in Australien gefunden worden waren. „Aus all diesen Gründen schließen wir einen abiotischen Ursprung der Isua-Stromatolithen aus“, betonen die Wissenschaftler. Stattdessen seien diese Schichtungen von Mikroben geschaffen worden, die in der Frühzeit der Erde am Grund eines flachen Meeresgebiets lebten.

„Wir liefern damit einen Beleg für urzeitliches Leben in einer 3,7 Milliarden Jahre alten Metakarbonat-Formation des Isua-Grünsteins“, konstatieren Nutman und seine Kollegen. „Die Isua-Stromatolithen sind 220 Millionen Jahre älter als die zuvor überzeugendsten und allgemein akzeptierten Lebensspuren in der Pilbara-Formation Australiens.“ Sollte sich dies bestätigen, dann verschiebt sich die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten erneut ein Stück weiter nach vorne. Zu jener Zeit, als die Erde noch häufig von großen Meteoriten getroffen wurde und die Atmosphäre kaum Sauerstoff enthielt, könnten unter der Oberfläche der Urzeitmeere schon die ersten Mikroben existiert haben. Das wiederum hat auch Bedeutung für unsere Suche nach Leben auf andern Planeten, wie Abigail Allwood vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in einem begleitenden Kommentar in derselben Nature-Ausgabe erklärt:  „Wenn das Leben damals schon Spuren hinterließ, dann ist es weder anspruchsvoll, noch zögerlich oder unwahrscheinlich“, betont sie. „Plötzlich erscheint damit auch der Mars als deutlich vielversprechenderer Kandidat für urzeitliches Leben.“ Denn zur gleichen Zeit, als die Mikroben in Grönland ihre Stromatolithen bauten, war unser Nachbarplanet auch noch lebensfreundlich.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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