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Wölfe sind risikofreudiger

Erde|Umwelt

Wölfe sind risikofreudiger
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Hund und Wolf zeigen deutliche Unterscxhiede in puncto Risikobereitschaft (Foto: Rooobert Bayer)
Würden Sie lieber 100 Euro sicher haben oder auf eine 50:50 Chance für den Gewinn von 200 Euro setzen? Die meisten Menschen entscheiden sich in dieser Frage für die sichere Variante. Interessanterweise tun dies auch die meisten Haushunde, nicht aber ihre wilden Verwandten, die Wölfe, wie nun ein Experiment belegt. Wölfe wählten dabei fast immer die riskante Option. Der Grund dafür könnte in der Nahrungsstrategie der Wölfe liegen, vermuten Biologen.

Der Wolf ist sozusagen das wilde Spiegelbild unserer Haushunde. Denn deren Geschichte begann, als Menschen in Europa und in Ostasien vor rund 15.000 Jahren anfingen, Wölfe zu zähmen und gezielt zu züchten. Seither sind Hunde unsere engsten Begleiter und haben sich in vielerlei Hinsicht an das Leben mit dem Menschen angepasst. So verstehen Hunde nicht nur viele Wörter unserer Sprache und unsere Gesten, sie können unsere Stimmung auch aus unserem Tonfall und dem Gesichtsausdruck ablesen. Dafür allerdings büßten die domestizierten Nachfahren der Wölfe im Laufe der Jahrtausende einige Fertigkeiten ein: Sie können Mengen schlechter unterschieden als Wölfe, sind autoritätshöriger und versagen schneller, wenn sie ein Problem selbstständig lösen sollen, wie Experimente belegen. Während Wölfe so lange herumprobieren, bis eine Aufgabe bewältigt ist, geben Hunde schnell auf – und blicken stattdessen hilfesuchend zu ihrem Menschen.

Hunde und Wölfe vor die Wahl gestellt

Sarah Marshall-Pescini von der Veterinärmedizinischen Universität Wien und ihre Kollegen haben nun einen weiteren Aspekt im Verhalten von Hunden und Wölfen untersucht und verglichen: die Risikobereitschaft. Für das Experiment trainierten sie sieben Wölfe und sieben Hunde darauf, zwischen zwei Futteroptionen zu wählen. Diese waren unter zwei umgedrehten Schüsseln versteckt und wurden erst aufgedeckt, wenn das Tier seine Wahl durch Schnauzen- oder Pfotenstupsen getroffen hatte. Unter einer der beiden Schüsseln verbarg sich die „sichere“ Option: ein eher fad schmeckender Futterbrocken, der aber immer zur Verfügung stand. Die andere Schüssel war dagegen mit einem Risiko verbunden: Entweder es lag ein nichtessbarer Stein darunter oder aber ein schmackhaftes Hundeleckerli – die Chance dafür lag bei 50:50. Im Experiment wussten die Hunde und Wölfe zwar, welche Schüssel Sicherheit und welche Risiko repräsentierte, nicht aber, ob die „Risikoschüssel“ ein Leckerli oder einen Stein enthielt.

Wie sich zeigte, verhalten sich Hund und Wolf in dieser Situation deutlich unterschiedlich: „Wir haben festgestellt, dass Wölfe die riskante Option deutlich häufiger bevorzugen als die Hunde“, berichtet Marshall-Pescini. In rund 80 Prozent der Durchgänge entschieden sich die Wölfe für die „Risikoschüssel“, bei den Hunden war es nur gut die Hälfte. Die domestizierten Nachfahren des Wolfs sind demnach deutlich risikoscheuer als ihre wilden Verwandten – und ähneln auch in dieser Eigenschaft stärker uns Menschen.

Den Grund für diese Unterschiede sehen die Forscher in der Lebensweise und vor allem der Nahrungsstrategie von Hund und Wolf. „Wölfe jagen große Huftiere“, erklärt Marshall-Pescini. „Das ist eine riskante Strategie, weil die Jagd oft fehlschlägt und sich die Beutetiere wehren können.“ Dennoch müssen die Wölfe dieses Risiko eingehen, wenn sie genügend Futter bekommen wollen. Die Risikobereitschaft gehört damit zu ihrer Überlebensstrategie. Anders dagegen bei den Hunden: Als sie begannen, im Umfeld der Menschen zu leben, waren sie nicht mehr auf die Jagd angewiesen. Stattdessen fraßen sie vorwiegend das, was ihnen die Menschen gaben oder was als Abfall von deren Mahlzeiten übrigblieb. „Dies ist eine allgegenwärtige und nahezu unbegrenzte Futterquelle“, so Marshall-Pescini. „Hunde mussten daher kein Risiko mehr eingehen, um Nahrung zu finden.“ Im Laufe der Zeit führte dies dazu, dass die Hunde ihre wölfische Präferenz für riskante Optionen verloren und stattdessen lieber auf Nummer sicher gingen.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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