Unser Universum durchlebte in seiner Frühzeit zwei entscheidende Übergänge. Der erste fand rund 380.000 Jahre nach dem Urknall statt, als sich die zuvor frei umherfliegenden Elektronen mit Atomkernen zu neutralen Atomen kombinierten. Dadurch wurde die zuvor stark gestreute elektromagnetische Strahlung nicht mehr abgelenkt und das Universum wurde zum ersten Mal transparent. Das in dieser Zeit abgestrahlte Licht ist noch heute vorhanden, es bildet die kosmische Hintergrundstrahlung. Der zweite große Übergang des Universums begann, als die ersten Sterne entstanden und ihre intensive Strahlung die kosmischen Wasserstoffwolken traf. Der bis dahin neutrale Wasserstoff wurde dadurch ionisiert – in Elektronen und Protonen zerlegt. Diese Phase der Reionisierung prägt den Kosmos bis heute – gibt aber auch Rätsel auf. Denn wann genau die ersten Sterne entstanden und die Reionisierung begann, ist bisher strittig.
„Die kosmische Hintergrundstrahlung kann uns verraten, wann die Epoche der Reionisierung anfing und wann die ersten Sterne im Kosmos gebildet wurden“, erklärt Jan Tauber von der ESA. Denn sowohl die Bildung der Atome als auch die Reionisierung hinterließen subtile Signale in der Polarisation dieses ersten Lichts. „Aus diesen winzigen Fluktuationen der Polarisation können wir schließen, wann die Reionisierung begann“, so Tauber. Bisher allerdings lieferten die Analysen der kosmischen Hintergrundstrahlung widersprüchliche Ergebnisse. So deuteten Daten des WMAP-Satelliten darauf hin, dass die Reionisierung etwa 450 Millionen Jahre nach dem Urknall bereits weit fortgeschritten war. Damals jedoch gab es nach Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble noch zu wenig Sterne und Galaxien, um diesen Übergang zu verursachen. Im Jahr 2015 dann lieferte ein Instrument des Planck-Satelliten der ESA neue Daten. Nach diesen war die Reionisierung ungefähr halb abgeschlossen, als das Universum 550 Millionen Jahre alt war.
150 Millionen Jahre später als gedacht
Jetzt jedoch verschieben neue Daten des Planck-Satelliten den Beginn der Reionisierung und die Bildung der ersten Sterne sogar noch weiter nach hinten. Diese Daten stammen von einem zweiten, für diese Polarisations-Effekte sensibleren Instrument des Satelliten. „Die Messungen des High Frequency Instrument haben klar gezeigt, dass die Reionisierung ein schneller Prozess war“, berichtet Jean-Loup Puget vom Institut für Astrophysik im französischen Orsay. Demnach war das Universum rund 500 Millionen Jahre nach dem Urknall noch zu 90 Prozent von neutralen Atomen erfüllt. Das bedeutet, dass erst in dieser Zeit die ersten Sterne und Galaxien allmählich entstanden. 700 Millionen Jahre nach dem Urknall war das Universum dann bereits halb ionisiert. Und noch etwas geht aus den neuen Daten hervor: Um das neutrale Gas in Ionen zu verwandeln, reichte die Strahlung der ersten Sterne aus. Denn zu diesem späten Zeitpunkt gab es bereits genügend von ihnen, um die Reionisierung zu bewirken. Entgegen früheren Annahmen seien dafür keine weiteren Strahlenquellen nötig gewesen, erklären die Forscher.
Die neuen Daten des Planck-Satelliten helfen dabei, unser Bild des frühen Universums sozusagen buchstäblich zu erhellen. Denn sie klären bisherige Widersprüche und engen die Zeitspanne ein, in der die für das heutige Universum so wichtige Reionisierung stattfand. Gleichzeitig eröffnet dieser neue „Zeitplan“ auch eine spannende Chance: Wenn die ersten Sterne und Galaxien erst später entstanden als bisher gedacht, dann bedeutet dies auch, dass sie sogar in Reichweite künftiger leistungsstarker Teleskope liegen könnten. Astronomen könnte es daher gelingen, sogar einen Blick auf diese allerersten Sterne zu erhaschen.