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Rot bedeutet grünes Licht beim Essen

Erde|Umwelt

Rot bedeutet grünes Licht beim Essen
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Rot ist auffällig! (Foto: Mikola249/iStock)
An der Ampel bedeutet Rot „Halt!“ und Grün „Auf geht’s!“ – bei der Beurteilung von Nahrungsmitteln ist unser Gehirn offenbar genau umgekehrt verdrahtet, belegt eine experimentelle Studie: Der Mensch hat demnach eine überraschend grundlegende Vorliebe für Rötliches beim Essen, da er diese Farbe instinktiv mit einem hohen Nährstoffgehalt verbindet. Grün assoziieren wir hingegen mit vergleichsweise wenig Energiegehalt. Interessanterweise nutzen wir diesen Farbcode offenbar auch bei der Beurteilung von gekochten Lebensmitteln, bei denen der Zusammenhang eigentlich nicht natürlicherweise vorliegt.

Heutzutage gilt eher der zu hohe Energiegehalt als negativ– doch anders als in der modernen Überflussgesellschaft galt während der Entwicklungsgeschichte des Menschen  die Regel: Überlebensvorteile hatten diejenigen, die einen besonders scharfen Blick für Energiereiches besaßen. In der Natur zeichnen sich solche Nahrungsmittel oft durch besondere Farben aus. „Annahmen zufolge hat sich unser visuelles System entwickelt, um besonders nahrhafte Beeren, Früchte und Gemüse vor dem Hintergrund des Grüns der Vegetation besser identifizieren zu können“, sagt Raffaella Rumiati von der International School of Advanced Studies (SISSA) in Triest.

Wozu wir die Welt so bunt sehen

Tatsächlich ist der Mensch im Vergleich zu anderen Wesen wie beispielsweise Hund oder Katze ein ausgesprochen guter Farbseher. Das menschliche Sehsystem ist trichromatisch: In der Netzhaut, dem lichtempfindlichen Organ des Auges, gibt es drei Klassen von Photorezeptoren, die besonders auf drei verschiedene Bereiche des sichtbaren Lichtspektrums abgestimmt sind. „Wir sind dadurch besonders effizient bei der Unterscheidung von Rot und Grün“, erklärt Rumiati. Doch inwieweit beeinflusst dies auch heute noch unsere Beurteilung des Energiegehalts von Nahrungsmitteln? „Bis heute haben sich nur erstaunlich wenige Studien mit diesem Thema beschäftigt“, betont der Wissenschaftler.

Er und seine Kollegen sind dieser Frage nun durch Testbefragungen von Probanden nachgegangen. Sie konfrontierten sie dazu mit Lebensmitteln unterschiedlicher Farbe und baten sie, Aussagen zum vermuteten Energiegehalt der Speisen zu machen. Bei den Auswertungen zeichnete sich schließlich eine klare Tendenz ab, die den Vermutungen entsprach: Je rötlicher die Nahrung aussah, desto mehr Energiegehalt unterstellten ihr die Testteilnehmer. Je mehr die Farbtendenz hingegen in Richtung Grün ging, desto kalorienärmer beurteilten die Probanden die Produkte.

Rot steht für energiereich

Bei Nahrungsmitteln wie Obst und Gemüse lagen die Teilnehmer damit durchaus richtig, sagen die Forscher: „Im Fall der natürlichen Speisen ist Farbe ein guter Indikator für den Kaloriengehalt,“ erklärt Co-Autor Francesco Foroni. „Je röter eine unverarbeitete Nahrung ist, desto wahrscheinlicher ist sie vergleichsweise nahrhaft, während grüne Lebensmittel eher kalorienarm sind.“ Im Fall naturbelassener Nahrungsmittel leitet uns die menschliche Farbwahrnehmung also richtig.

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Doch wie die Experimente zeigten, projizieren Menschen den Farbcode offenbar auch auf gekochte Nahrungsmittel, bei denen es den farblichen Zusammenhang zum Energiegehalt  eigentlich nicht mehr gibt. Generell hat der Mensch eine Vorliebe für gekochte Lebensmittel: „Sie werden bevorzugt, weil sie im Vergleich zu natürlichen Lebensmitteln nahrhafter sind“, erklärt Rumiati. Die Ergebnisse, dass wir den Farbcode auch auf diese Lebensmittel übertragen, legen ihm zufolge nun nahe: „Die Anwendung basiert auf alten evolutionären Mechanismen, die offenbar aus der Zeit vor der Einführung des Kochens stammen.“

Wie die Forscher betonen, spielen die Farb-Assoziationen übrigens nur beim Essen eine Rolle: „Die Vorliebe für Rot gegenüber Grün wurde bei nicht essbaren Objekten nicht beobachtet“, sagt Rumiati. „Das bedeutet, dass der Farbcode des visuellen Systems nur im Zusammenhang mit Nahrungsmittelreizen aktiviert wird“, erklärt der Forscher. Ihm zufolge ließe sich der Effekt möglicherweise als Ampel zur gesünderen Ernährung nutzen. „Es wird heute viel getan, um Menschen zu einer gesünderen Ernährung zu zu bewegen – beispielsweise weniger kalorienreiche Lebensmittel zu sich zu nehmen. Vielleicht könnte man Lebensmittelfarbe noch besser nutzen, um dieses Ziel zu erreichen“, so Rumiati.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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