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Skurril: Ameisen pflanzen Häuser auf Bäume

Erde|Umwelt

Skurril: Ameisen pflanzen Häuser auf Bäume
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Die auf Bäumen wachsenden Squamellaria-Pflanzen (bauchige Gebilde) dienen Ameisen als Behausung. Credit: Guillaume Chomicki
Der Erfindungsreichtum der Natur ist erstaunlich! Das belegt nun erneut die Geschichte einer skurrilen Symbiose zwischen einer Ameisenart und spezialisierten Pflanzen auf den Fidschi-Inseln: Die Insekten pflanzen die Samen dieser Epiphyten gezielt auf die Äste von Bäumen und düngen die Sprösslinge dort bis sie groß sind. Ein hohles bauchiges Gebilde der Gewächse dient der Ameisenkolonie dann als Nistraum. Den Forschern zufolge haben diese Ameisen somit schon lange vor dem Menschen gezielten Pflanzenbau betrieben.

Für die faszinierenden Konzepte und Symbiosen im Tierreich gibt es viele spannende Beispiele. Einige Insekten sind in diesem Zusammenhang bereits als Pilz-Züchter berühmt: Beispielsweise ernähren sich Blattschneider-Ameisen und Termiten von Pilzen, die sie in ihren Nestern auf zerkleinertem Pflanzenmaterial kultivieren. Daneben gibt es auch Viehalter im Reich der Ameisen: Einige Arten betreuen Blattläuse und melken deren süße Absonderungen. Auch Bündnisse mit speziellen Pflanzen sind schon bekannt: Es gibt Gewächse, die extra Hohlräume ausbilden, damit Ameisen darin ihre Nester bauen. Im Gegenzug bilden die Insekten dann die Schutztruppen dieser Pflanzen und schützen sie vor Schädlingen. Die nun neu entdeckte Symbiose scheint diesem Konzept nun allerdings die Krone aufzusetzen.

Sechsbeinige Gärtner

Bei den Partnern handelt es sich um die Ameisenart Philidris nagasau und mindestens sechs eng verwandte Arten der Pflanzengattung Squamellaria. Die beiden Biologen Susanne Renner und Guillaume Chomicki von der Ludwig-Maximilians-Universität München haben das Verhältnis dieser beiden Wesen nun genau unter die Lupe genommen. Den Beobachtungen zufolge beginnen die Ameisen ihre gärtnerische Tätigkeit mit dem Sammeln der Samen der epiphytisch wachsenden Pflanzen. Sie tragen sie dann gezielt zu Rissen in der Rinde von Bäumen und pflanzen sie dort ein. Als Wirtsbäume dienen drei bis vier auf den Fidschi-Inseln beheimatete Arten, die den Ameisen Nektar bieten.

Nach der Aussaat beginnen die Pflanzen zu keimen – ein speziell geformter „Fuß“ hilft ihnen, aus der Rindenspalte heraus ans Licht zu wachsen. Anschließend bilden die Gewächse bereits früh kleine Hohlräume aus – extra für ihre Betreuer. Die Ameisen suchen diese gezielt auf und verrichten dort ihre Geschäftchen. Auf diese Weise düngen sie die Pflanzen, die als Baumbewohner keine Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen können. Die Forscher konnten durch Fütterungsversuche der Ameisen mit markiertem Stickstoff nachweisen, dass das Dünger-Element durch den Kot der Insekten tatsächlich in den Pflanzen landet.

Viel älter als der menschliche Pflanzenanbau

Was die Pflanzen den Ameisen nützen, konnten Renner und Chomicki ebenfalls dokumentieren. Die von den Insekten großgezogenen Gewächse bilden schließlich kurios aussehende dicke Bäuche aus. Darin befinden sich Hohlräume, welche den Ameisen als geschützte Nistplätze dienen. Dabei bewohnt eine Kolonie schließlich gleich mehrere Squamellaria-Exemplare: Oft sitzen Dutzende über Ameisenstraßen miteinander verbundene Behausungen auf dem gleichen Wirtsbaum. Im Zentrum befindet sich dabei die Wohn-Pflanze mit dem Sitz der Königin.

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Wie die Forscher berichten, gibt es noch einen weiteren bemerkenswerten Aspekt dieses Bündnisses zwischen den Pflanzen und den Ameisen: Philidris nagasau und ihre Squamellaria-Arten haben sich so stark aneinander angepasst, dass keiner der Partner mehr ohne den anderen existieren kann. Durch genetische Analysen konnten die Wissenschaftler zudem Rückschlüsse ziehen, wie alt diese Abhängigkeit bereits ist.  Sogenannte molekulare Uhren im Genom der Ameisen und im Erbgut der Pflanzen legen nahe, dass die gegenseitige Anpassung vor etwa drei Millionen Jahren begann. „Seitdem kultivieren die Ameisen demnach bereits Pflanzen – also lange bevor der Mensch anfing, gezielt Pflanzen anzubauen“, betonen die Forscher.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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