bild der wissenschaft: Frau Biester, welche Arbeitskleidung tragen Sie im Krankenhaus?
Anke Biester: Ich trage eine bunte, weite Hose mit Hosenträgern über einem farbigen T-Shirt, meine Haare stehen wie Korkenzieher nach allen Seiten ab. Und natürlich habe ich eine rote Nase.
Keine großen Schuhe?
Nein, ich bevorzuge es, bewusst zu stolpern (lacht). Auch ein weißes Clownsgesicht schminke ich mir nicht: Das ist maskenhaft, und viele Kinder haben davor Angst. Bei kleinen Kindern, die erst zwei oder drei Jahre alt sind, muss man selbst mit der roten Nase vorsichtig sein, denn sie können diese Veränderung im Gesicht noch nicht verstehen.
Was machen Sie, wenn Sie auf der Kinderstation zu Besuch sind?
Wir sind meist zwei Clowns. Zunächst informieren wir uns bei den Krankenschwestern über Namen und Erkrankungen der Kinder und gehen dann auf deren Zimmer. Dort pusten wir ein paar Seifenblasen und machen allerlei Quatsch. Wir singen, jonglieren oder zeigen mit großem Tamtam Zaubertricks, die gar keine sind. Letztlich geht es darum, sich selbst nicht so ernst zu nehmen und Spaß am Dumm-Sein zu haben. Da kriegen sich die Kinder vor Lachen gar nicht wieder ein. Manchmal reden wir aber auch einfach nur mit den Kindern. Das hängt immer von der Situation ab. Wir müssen als Clowns sehr intuitiv arbeiten. Wichtig ist, dass wir die Kinder ernst nehmen.
Man ist ja nun im Krankenhaus nicht immer zum Lachen aufgelegt …
Nein, und das akzeptieren wir auch. Wir stürmen nie in ein Zimmer. Wir klopfen leise an und fragen, ob wir reinkommen dürfen. Wenn ein Kind unseren Besuch nicht will, gehen wir nicht hinein. Aber es gelingt uns oft, ein trauriges Kind aufzuheitern. Unser Ziel ist es, die Kinder von ihrem Schmerz abzulenken. Außerdem ist Lachen gesund.
Inwiefern?
Wenn man lacht, werden im Körper Glückshormone freigesetzt, die entspannend wirken. Außerdem ist Lachen eine positive Anstrengung: Wir spannen die Bauchmuskeln an, der Atem geht tief, die Lunge wird richtig durchgelüftet und die Durchblutung verbessert. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass Lachen die Immunabwehr stärkt. Das alles hilft, Krankheiten besser zu bekämpfen.
Woher weiß man das?
Ein wichtiger Auslöser, das zu erforschen, war die Geschichte des US-amerikanischen Journalisten Norman Cousins. Anfang der Siebzigerjahre erkrankte er an einer als unheilbar geltenden Entzündung der Wirbelsäule, die sehr schmerzhaft war. Zur Ablenkung verschrieb Cousins sich selbst ein ausgiebiges Lachprogramm – und stellte fest, dass er nach zehn Minuten Lachen eine Zeit lang schmerzfrei war und auch besser schlafen konnte. Cousins wurde gesund. Und seine Schilderungen lösten zahlreiche Studien aus.
Hatte das Folgen für die Praxis?
Durch die Forschungsergebnisse sind heute in der medizinischen Praxis Humor und Lachen ein großes Thema. Es gibt spezielle Seminare für Pflegekräfte und Therapeuten. Auch in der Geriatrie wird Humor inzwischen mit Erfolg eingesetzt. Ich selbst habe vor einiger Zeit einen Clowns-Besuch in einer gerontopsychiatrischen Abteilung begleitet. Dort gab es viele demente Patienten, darunter einen älteren Herrn, der sehr apathisch wirkte. Meine Clown-Kollegin sang und tanzte dann spontan mit ihm. Danach wirkte er viel wacher und beobachtete aufmerksam das Geschehen um ihn herum. Das war ein bewegender Moment. ■
LESEN
Überblick über die neurologische Erforschung des Humors: Barbara Wild Humor und Gehirn In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 2010, Vol. 43, S.21–35
Anekdotenreiches Buch über Spaß bei Tieren: Jonathan Balcombe Tierisch vergnügt Kosmos, Stuttgart 2007 € 17,95
Erforschung der gesundheitsfördernden Wirkung des Humor: Paul McGhee Humor The lighter path to resiliance and health Authorhouse Bloomington/Indiana (USA) 2010 ca. € 17,–
INTERNET
Informationen zu aktueller Humorforschung, Tagungen und Konferenzen von der International Society for Humor Studies: www.hnu.edu/ishs
Humortraining der Universität Zürich: www.psychologie.uzh.ch/perspsy/ trainings/humortraining.php