Vor rund 9000 Jahren öffnete sich der Ärmelkanal. Seitdem entfernt sich Großbritannien Jahr für Jahr weiter vom europäischen Kontinent. Doch nicht nur die Gezeiten nagen an der Landmasse – zumindest auf englischer Seite tut sich außerdem noch eine Napfschnecke an den Kreidefelsen gütlich. Patella vulgata weidet den Algenbewuchs auf den Kreidebänken vor der Steilküste ab. Dabei schabt sie auch jede Menge Gesteinsmaterial ab. Das stellte die Forscherin Claire Andrews von der Universität Sussex fest, nachdem sie drei Jahre lang den Kalkanteil des Kots der Schnecken gemessen und daraus die Dicke der abgetragenen Felsschicht bestimmt hatte: Nach ihren Berechnungen sind die Napfschnecken jährlich für 30 Prozent der gesamten Erosion an den Kreidebänken verantwortlich. Bedenkt man, dass die Region Sussex jedes Jahr mehrere Millionen Euro für den Küstenschutz und damit für den Erhalt der Kreidefelsen ausgibt, ist der Tisch jeder Napfschnecke mit einer kostbaren Speise gedeckt.
Hans Groth