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Eine Schaltsekunde zum Jahreswechsel

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Eine Schaltsekunde zum Jahreswechsel
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Die Silvesternacht ist in diesem Jahr eine Sekunde länger, denn es wird eine Schaltsekunde eingefügt (Grafik: NASA)
In diesem Jahr ist die Silvesternacht eine Sekunde länger als sonst. Denn um 23:59:59 Uhr Weltzeit wird eine Schaltsekunde eingefügt. Diese Korrektur sorgt dafür, dass die Atomuhren und unsere durch die Erdrotation bestimmte Tageslänge im Gleichtakt sind. Denn unser Planet dreht sich im Laufe der Zeit allmählich immer langsamer, die Atomuhren jedoch laufen gleichmäßig weiter. Hätte man in den letzten gut 40 Jahren keine Schaltsekunden eingefügt, dann würden Weltzeit und „Erdzeit“ heute 37 Sekunden auseinanderliegen.

Die Rotation der Erde ist der große Taktgeber für unsere Tageslänge. Genau eine Umdrehung entspricht einem Tag und damit 24 Stunden – an diesem Takt haben schon unsere Vorfahren ihre Zeitmessung orientiert. Heute jedoch verfügen wir über Technologien, die die Zeit sehr viel genauer und auf Basis anderer Referenzgrößen ermitteln: Atomuhren. Auf ihnen beruht seit 1967 unsere offizielle Weltzeit. Als Maßgabe gilt dabei die Frequenz eines Mikrowellensignals, durch die ultrakalte Cäsiumatome in einen höheren Energiezustand wechseln. Eine Sekunde entspricht demnach genau 9.192.631.770 Schwingungen der Welle. Diese Atomzeit ist enorm präzise und sehr gleichmäßig. Der Haken daran: Die Rotation unserer Erde und damit unsere Tageslänge ist nicht einmal ansatzweise so genau. Die Erdrotation verlangsamt sich allmählich, zudem dreht sich die Erde leicht ungleichmäßig. Ein Grund ist die abbremsende Wirkung des Mondes, aber auch starke Erdbeben, das Schmelzen der Gletscher und der Lauf der Jahreszeiten können die Erdrotation verändern.

Würde man stur der Atomzeit folgen, würde sie im Lauf der Zeit immer mehr von der Tageslänge der Erde abweichen. Im Jahr 1972 beispielsweise hinkte die „Erdzeit“ der Zeit der Cäsium-Atomuhren schon um 10 Sekunden hinterher. Um solche Verschiebungen zu verhindern, entschloss man sich damals, Schaltsekunden in die Weltzeit einzufügen. Dies geschieht immer dann, wenn die Zeitmessung der Atomuhren um mehr als 0,9 Sekunden von der per Erdrotation vorgegebenen Zeit abweicht. Seit 1972 wurde schon 26 Schaltsekunden in die Weltzeit eingefügt. Überwacht und angeordnet wird dies vom International Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS). Dieser Dienst erhält regelmäßig Messungen der astronomischen Tageslänge von unter anderem von Radioteleskopen, die die Position und Drehstellung der Erde in Bezug auf Quasare im All bestimmen.

Zusatzsekunde um Mitternacht

Jetzt ist es wieder soweit: Der IERS hat für den 31. Dezember 2016 erneut eine Schaltsekunde angeordnet. Sie wird in der Silvesternacht nach 23:59:59 Uhr UTC eingefügt. Die letzte Minute im alten Jahr hat dadurch 61 Sekunden – wenn man nach Weltzeit rechnet. Weil die Mitteleuropäischer Zeit aber eine Stunde hinter der koordinierten Weltzeit hinterherhinkt, wird die zusätzliche Sekunde nach unserer Zeit erst um 00:59:59 Uhr eingefügt – also schon im neuen Jahr. Für unseren Alltag sind die Schaltsekunde und die winzigen Schwankungen der Erdrotation kaum relevant – und schon gar nicht spürbar. Doch in der Astronomie oder bei der Satellitennavigation kommt es auf winzigste Zeitdifferenzen an. Denn nur wenn die Atomzeit akkurat auf die Drehung und Position der Erde abgestimmt ist, können die Teleskope auch ihr Ziel präzise anvisieren. Auch in der Silvesternacht müssen wir keine besonderen Maßnahmen ergreifen. Funkuhren, Computeruhren und der Telefonzeitdienst empfangen automatisch Signale, die die Schaltsekunde einfügen. In Deutschland werden diese Signale von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) gesendet.

Die Intervalle, in denen solche Schaltsekunden in die Weltzeit eingefügt werden, sind nicht immer gleich, sie schwanken sogar relativ stark. Im Durchschnitt dauert es zwar zwischen 500 und 750 Tagen, bis sich durch die Verlangsamung der Erdrotation eine Sekunde Unterschied zwischen Atomzeit und Erdzeit angesammelt hat. Doch die zusätzlichen kurzfristigen Schwankungen der Drehgeschwindigkeit durch Erdbeben und Co sorgen für noch unregelmäßigere Abstände. Die Intervalle der Schaltsekunden variieren zwischen sechs Monaten und eben jenen sieben Jahren. Die letzte Anpassung liegt beispielsweise erst eineinhalb Jahre zurück, sie passierte am 30. Juni 2015. Davor gab es weitere Schaltsekunden an Silvester 2005 und 2008.  Zum Vergleich: Zwischen 1999 und 2005 vergingen sieben Jahre, bevor eine zusätzliche Schaltsekunde nötig wurde.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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