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Paradoxe Folgen der Ölpest

Allgemein

Paradoxe Folgen der Ölpest

AM 26. FEBRUAR 1991 war Kuwait befreit. Doch entsetzte internationale Beobachter gaben keinen Pfifferling mehr für die Zukunft der Region: Mehr als 600 Ölförderanlagen hatte die abziehende irakische Armee zu Monatsbeginn gesprengt. Zwar war der Golfkrieg gewonnen – aber Iraks Diktator Saddam Hussein ließ den Nachbarstaat als Inferno zurück.

Vier Fünftel der gesprengten Quellen brannten lichterloh, es regnete Ruß und Öldunst. Die nicht in Brand gesteckten Förderanlagen ergossen 60 Millionen Tonnen Rohöl über den Wüstenboden. Hiobs-botschaften auch von der Küste: Aus zerstörten Tanker-Terminals strömte ein Teppich aus einer Million Tonnen Öl in den Golf und trieb auf 700 Kilometer Länge südwärts ans Ufer. Der Kieler Toxikologe Prof. Ottmar Wassermann empfahl, Kuwaits Bevölkerung komplett zu evakuieren.

Ein Jahrzehnt danach haben sich zwar die Salzmarsch-Vegetation und die Mangroven in ölverschmutzten Stillwasserzonen der Küste noch nicht erholt. Indes: Fische, Korallen und andere Meeres-bewohner sind unbeschadet davongekommen. Im Inland ist die Zehn-Jahres-Bilanz geradezu paradox. Dort richtete das Öl nicht nur weniger an als befürchtet – die Umwelt hat teils sogar profitiert. Das hat die Untersuchung von Testarealen in der kuwaitischen Wüste durch Forscher des Kuwait Institute for Scientific Research (KISR) in Safat gezeigt. Die Projektleiterinnen Dr. Fozia Alsdirawi und Sameeha Zaman beobachteten: „Ölrückstände sind in die Bodenporen eingedrungen und haben die Krume verdichtet – das hat die Wasseraufnahme verändert.“ Während unbelastete Kontrollböden es in 15 Zentimeter Tiefe gerade mal auf 7 Prozent Feuchtegehalt brachten – selbst im regenreichsten Monat März –, enthielt ölgetränkter Boden 14 Prozent Feuchte. In einigen sandigen Zonen, wo der Regen zuvor ungebremst durchsickerte, halten jetzt verölte Sedimente das Naß zurück. An der Oberfläche hat die Sonne die toxischen aromatischen Kohlenwasserstoffe aus dem Öl herausdestilliert, der ungiftige Rückstand ist großenteils verwittert – Dünger für den Boden. Insgesamt registrierten Alsdirawi und Zaman nach dem Schreckensjahr 1992 eine „verblüffende Erholung der Pflanzendecke – und damit die Rückkehr vieler Vögel“.

Von paradoxen Kriegsfolgen anderer Art weiß Dr. Friedhelm Krupp zu berichten. Der deutsche Biologe arbeitete von 1991 bis 1997 im saudischen Küstenort Jubail. Er berichtet: „Vor dem Krieg waren Überweidung, Geländewagen-Ausfahrten und Jagd die Hauptbedrohungen für Tiere und Pflanzen. Seit dem Krieg sind viele Gebiete vermint und bis heute unzugänglich – dort haben sich Tier- und Pflanzenwelt in erstaunlichem Umfang erholt.“ Und Krupp setzt noch eins drauf: „Die Golfkriegsminen waren die bisher effizienteste Naturschutzmaßnahme für Kuwaits Wüste.“

Hans Groth

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