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Caesars Gier nach dem Gold der Kelten

Allgemein

Caesars Gier nach dem Gold der Kelten
Buchauszug aus „Das Gold der Kelten“

Man nehme: reichlich modernes Wissen über Gold, etwas Geologie, viel römische und keltische Geschichte, einiges an Lagerstättenkunde und Metallurgie sowie eine ordentliche Portion Archäologie … Ja, läßt sich so etwas mischen? – Wir denken schon! Es kommt sogar noch mehr dazu: Geographie und Kartographie – die Mineralogie nicht zu vergessen. Doch ohne Goldwaschpfannen, Waschbank, Schaufel und Spaten wäre mit dem Aufgezählten nicht allzuviel anzufangen.

Wie viele Leute in Deutschlands Süden Gold unter ihren Füßen haben – wir meinen dies wörtlich – wissen wir nicht genau; aber es sind mehr, als wir jemals zu träumen gewagt hätten. Friedliche Landschaften, wunderbare Naherholungsgebiete an Ammer und Umgebung waren noch vor wenigen hundert Jahren reiche Gegenden – und vor etwa 2000 Jahren heiß umkämpfte Plätze, Orte, an denen tatsächlich Weltgeschichte geschrieben worden ist.

Daß in den Flüssen des Voralpenlandes Gold gewaschen wurde, ist bekannt, das gleiche gilt für Rhein und Donau. An Böhmen und das Sudetengebiet erinnert man sich in diesem Zusammenhang ebenfalls. Informierte und Kritiker werden jetzt vermutlich lächeln: „…wegen Geringfügigkeit eingestellt!“ Ja, wir haben auch einmal darüber gelächelt und die süddeutsche Goldwäscherei als heimatkundliche Kuriosität abgetan.

Aber früher war das anders – völlig anders…

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Caesar vorzustellen, den großen Gaius Julius Caesar, erscheint geradezu überflüssig, das große militärische und politische Genie zu kritisieren, grenzt an Vermessenheit. Doch blicken wir einmal so durch die Triumphbögen, als wären sie nur einfache Tore, benutzen wir sie nicht als Blendwerk, sondern als Blenden, um strahlenden Glanz auszublenden und den Blick auf Dinge zu richten, die sich hinter Glanz und Glorie verbergen.

Caesar wandelte als höchstverschuldeter Römer seiner Zeit auf einem schmalen Grat zwischen tiefen Abgründen. Laut dem Historiker Appian hat Caesar selbst folgenden Gesamtbetrag seiner Schulden angegeben: 25 Millionen Sesterzen, also 6,25 Millionen Denare. Der Grieche Plutarch, der eine Biographie Caesars verfaßt hat, berichtet sogar von 1300 Talenten, das sind 7,8 Millionen Denare Schulden, die Caesar bereits vor dem Beginn seiner politischen Karriere gemacht haben soll. Zum Vergleich einige Preisbeispiele aus der Zeit Caesars in römischen Denaren: 1 kg Weizen: 0,15, Jahresmiete für eine Wohnung in Rom: 500, Entgelt für einen Tagelöhner: 1, durchschnittlicher Liebeslohn für eine Prostituierte: 2 Denare.

Wie konnte ein römischer Provinzbeamter zu soviel Geld kommen, daß er derart ungeheure Schulden loswurde? Caesar war Statthalter der wohlhabenden Provinz Spanien. Der Reichtum der dortigen Kelt-Iberer beruhte auf Gold-, Silber- und Kupferminen. Der „wahre Sohn der Wölfin“ hat dort Blut geleckt – irgendwann muß er erkannt haben: Wo Kelten siedeln, wird Gold gefördert. Im Jahre 59 v.Chr. wurde Caesar Consul. Ob dabei Korruption eine Rolle gespielt hat, wissen wir nicht. Im Hinblick auf das aus Spanien mitgebrachte Vermögen erscheint es aber mehr als wahrscheinlich, daß er seine Wähler gekauft hat.

Was Caesar in Spanien über die Verbindung der Kelten zum Gold gelernt und schamlos für seine Zwecke ausgenutzt hatte, sollte weitere Konsequenzen haben. Auch Gallien war Keltenland! Aus der zeitgenössischen Literatur konnten die Römer erfahren, wie sehr sich die Gallier zum Gold hingezogen fühlten und mit welcher Ausdauer sie ihre Flüsse nach Waschgold durchforschten und die Gebirge nach Berggold.

Hinzu kam noch, daß seit 118 v.Chr. im heutigen Südfrankreich die römische Provinz Gallia Transalpina existierte. Schon bei der Annexion dieses Gebietes waren die Römer in der Stadt Tolosa (Toulouse) auf den keltischen Reichtum an Edelmetall gestoßen: „In Tolosa sind Schätze im Wert von 15000 Talenten gefunden worden. Ein Teil davon wurde in Heiligtümern aufbewahrt, ein anderer in heiligen Teichen. Die Schätze waren nicht bearbeitet, sondern rohes Gold und Silber … In Tolosa befand sich auch der heilige Bezirk, der von der ansässigen Bevölkerung sehr verehrt worden ist, und von Schätzen überquoll, weil viele dort Weihegeschenke aufstellten und keiner sie anzutasten wagte.“ So berichtet der griechische Geograph und Römerbewunderer Strabo.

Zunächst sah es nicht so aus, als könne Caesar die Finger nach diesem sagenhaften gallischen Gold ausstrecken. Wie üblich bekam er als gewesener Consul eine Provinzstatthalterschaft übertragen. Bei dieser Gelegenheit konnten sich die römischen Plebejer für Caesars Großzügigkeit bedanken. Denn durch das Volk wurde ein Gesetz eingebracht, das ihm im Jahr 58 v.Chr. die Verwaltung der beiden Provinzen Gallia Cisalpina in Oberitalien und Illyricum an der östlichen Adriaküste übertrug.

Aber Caesar war mit dieser Entscheidung keineswegs zufrieden. Er veranlaßte den Senat, zusätzlich Gallia Transalpina an ihn zu vergeben. Es ist zu vermuten, daß viele im Senat insgeheim hofften, Caesar auf diese Weise von Rom fernzuhalten. Wer hätte geahnt, daß Caesar sich in einem Barbarengebiet einen eigenen Herrschaftsbereich aufbauen würde und daß er nicht zuletzt mit Hilfe von keltischem Gold seinem innenpolitischen Gegner Pompeius über den Kopf wachsen könnte? Die römische Welt sollte sich bald drastisch verändern – und für einen Teil der keltischen Welt schlug die Schicksalsstunde.

Unter germanischem Druck nämlich hatte sich der keltische Stamm der Helvetier entschlossen, seine Heimat in der heutigen Schweiz zu verlassen und sich im freien Gallien neue Wohnsitze zu suchen. Als diese nun ihre Absicht zur Emigration zu erkennen gaben, sah der neue Statthalter Gaius Julius Caesar seine Stunde gekommen. Er hatte erkannt, daß nichts seiner finanziellen Lage abträglicher war als Frieden. Eine kriegerische Auseinandersetzung mußte her!

Vor ihrem Aufbruch schickten die Helvetier zunächst eine Abordnung zu Caesar mit der Bitte, ein kurzes Stück durch die römische Provinz Gallia Transalpina ziehen zu dürfen. Natürlich lehnte der Statthalter – angeblich aus Sorge um römische Belange – entrüstet ab. Als die Auswanderer es dann auf einem beschwerlicheren nördlichen Kurs versuchten, wurden schnell Beschwerden anderer keltischer Stämme wegen angeblicher helvetischer Übergriffe konstruiert.

Im Prinzip war es völlig egal, wie sich die Emigranten verhielten. Caesar wollte die militärische Auseinandersetzung und hätte auf jeden Fall eine Begrün- dung gefunden. Sein Motiv war aber nicht nur, sich als Feldherr zu profilieren und dem römischen Imperialismus wieder einmal Geltung zu verschaffen. Eine prachtvolle Ausstellung unter dem Motto „Das Gold der Helvetier“, die in den Jahren 1991 und 1992 die ganze Schweiz begeisterte, hat gezeigt, wieviel von dem Edelmetall in keltischen und älteren Gräbern oder Schatzhorten trotz der römischen Eroberung im Land geblieben ist. Wieviel mehr Gold muß es dann in der Zeit vor den römischen Plünderungen in Helvetien gegeben haben!

Der Überfall auf die Helvetier war überaus profitabel. Das Gold, das man den toten Kelten – laut Caesar 258000 – und sicher auch ihren am Leben gebliebenen 110000 Stammesgenossen abnahm, hat an Wert Caesars Auslagen mit Sicherheit um ein Vielfaches überstiegen. Diese Beute befähigte ihn auch, im folgenden Jahr (57 v.Chr.) in Oberitalien zwei weitere Legionen auf eigene Kosten zu rekrutieren. Der Sieg über die Helvetier hatte den römischen Feldherrn in die Lage versetzt, von nun an Militärpolitik ohne irgendwelche Bedingungen oder Einschränkungen zu treiben. Mit Hilfe der vom Senat bewilligten und der zusätzlich privat finanzierten Heeresmacht konnte er jetzt darangehen, einen gallischen Stamm nach dem anderen zu unterwerfen. Dabei half ihm die Tatsache, daß es schon immer heftige Rivalitäten unter den keltischen Stämmen gegeben hatte – Caesar spielte sie gegeneinander aus. So gelang es ihm nach und nach, alle gallischen Stämme zu unterwerfen und sich ihrer Goldschätze zu bemächtigen. Seine finanzielle Lage verbesserte sich von Jahr zu Jahr, wobei er seine Truppen stets großzügig beteiligte.

Zwei Expeditionen nach Britannien während dieser Zeit legen den Verdacht nahe, daß er sich auch dort die konkreten Aussichten auf eine reiche Goldbeute sichern wollte. Als er anläßlich seines zweiten Zuges nach Britannien den Stammesfürsten Cassivellaunus im heutigen Kent besiegt hatte, tat Caesar etwas Unerhörtes: Obwohl die britische Insel noch weit davon entfernt war, zum römischen Imperium zu gehören, ja nicht einmal eine lockere Bindung an Rom vorhanden war, diktierte er den Stämmen des Cassivellaunus einen jährlich zu zahlenden Tribut.

Im Jahre 50 v.Chr. war die gallische Frage endgültig im römischen Sinne gelöst: Es gab keinen freien Gallier mehr. Von schätzungsweise drei Millionen Kelten war eine Million tot. Wie viele Menschen in die Sklaverei verschleppt worden waren, können wir nicht einmal erahnen.

Daß aber der Goldreichtum Galliens tatsächlich das Hauptmotiv für Caesars Militäraktionen war, beschreibt der Kaiserbiograph Sueton unmißverständlich: „In Gallien plünderte er die mit Geschenken vollständig gefüllten Heiligtümer und Tempel der Götter, zerstörte Städte öfter wegen der Beute als wegen eines Vergehens. Daher kam es, daß er Gold im Überfluß besaß und das einzelne Pfund in Italien und den Provinzen für 3000 Sesterzen zum Kauf anbot.“

Die Menge des erbeuteten Edelmetalls war so gewaltig, daß in Rom der Goldpreis um ein Viertel sank.

Der Text dieses Beitrages ist ein Glitzersteinchen aus dem Kaleidoskop des Buches Das Gold der Kelten, das in diesem Monat in der Deutschen Verlags-Anstalt erscheint. Die Autoren, Experten aus Geologie, Geschichte und Archäologie, zeichnen das Rhein-Donau-Voralpenland als Eldorado der Antike – mit ähnlich verheerenden Folgen wie in Südamerika.

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