Gültig bis zur Heilung Was haben Impfstoffe und Bücher über Seuchen gemeinsam? Beide sind notwendig, im Gebrauch allerdings oft unangenehm. Aber wo manche Autoren den Lesern ihr Wissen wie mit einer stumpfen Spritze injizieren, greifen die Journalistinnen Ries und Eberhard-Metzger zu einem Zuckerstückchen – statt mit Medizin getränkt mit Informationen, die sich leicht schlucken lassen.
Die beiden vermitteln den Stand der Forschung mit einer gelungenen Mischung aus unterhaltsamen Geschichten und harten Fakten aus Mikrobiologie und Immunologie. Sie erzählen vom Sieg gegen Pest und Pocken, aber auch vom nie zu gewinnenden Kampf gegen wandlungsfähige Feinde – die Grippe- und Aids-Viren etwa – und von den neuen Bedrohungen, denen sich der Mensch bei seiner Eroberung des Globus und der Manipulation des Lebens zwangsläufig aussetzt – von Prionen und Ebola-Viren zum Beispiel.
Die Fakten sind detailreich recherchiert, ob es um Erkrankungszahlen und die genetischen Tricks der Mikroben geht oder um die zahlreich eingestreuten historischen Anekdoten: „Gültig bis zur Heilung“ stand etwa auf den Bahnfahrkarten in den früheren Prominenten-Luftkurort Davos.
Ergänzt wird das Buch durch Farbaufnahmen, die den Magengeschwür-Bazillus Helicobacter pylori genau wie das tödliche Ebola-Virus und den Grippekeim als Kunstwerke der Evolution zeigen. Man bedauert es bei ihrem Anblick fast, daß sie ausgerottet werden sollen – wenn auch aus reiner Notwehr.
Formulierungen wie „derzeit erproben die Wissenschaftler“, und „wird derzeit in großen Studien getestet“ zeigen, daß die Autorinnen das Buch für den aktuellen Markt geschrieben haben. In fünf Jahren werden manche Aussagen überholt sein – genauso wie viele Impfstoffe. Beide sind heute wertvoll, aber beide muß man weiterentwickeln.
Claudia Eberhard-Metzger, Renate Ries VERKANNT UND HEIMTÜCKISCH – DIE UNGEBROCHENE MACHT DER SEUCHEN Birkhäuser, Basel, 1996, 339 S., DM 49,80
Jürgen Nakott