Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Der Erkenntnisfortschritt durch die Raumsonde WMAP

Allgemein

Der Erkenntnisfortschritt durch die Raumsonde WMAP
„Wir haben ein Standardmodell der Kosmologie” Max Tegmark, geboren 1967 in Stockholm, ist Physik-Professor an der University of Pennsylvania in Philadelphia. Er hat an der University of California in Berkeley promoviert und danach am Max-Planck-Institut für Physik in Garching und am Institute for Advanced Study in Princeton gearbeitet. Er forscht über Kosmologie, Galaxienbildung und Quantenphysik.

bild der wissenschaft: Sie zählen zu den führenden Theoretikern in der Kosmologie und haben bedeutende Arbeiten zur Kosmischen Hintergrundstrahlung veröffentlicht. Wie schätzen Sie die ersten Daten der WMAP-Sonde ein?

TEGMARK: WMAP ist seit dem COBE-Satelliten der einzige große Sprung, der uns gelungen ist. Dagegen waren alle anderen Messungen vergleichsweise kleine Schritte. Die Genauigkeit von WMAPs Daten ist exzellent, ihre systematischen Fehler und physikalischen Grundlagen sind gut verstanden. Wir haben jetzt ein sehr solides Fundament.

bdw: Viele Ergebnisse von WMAP sind von anderen Experimenten näherungsweise vorweggenommen worden.

TEGMARK: Ja, das passt alles gut zusammen. Aber WMAP liefert nicht bloß eine Bestätigung. Es war vorher nicht so klar, was wir wirklich wussten. Man kann immer die Wahrheit raten. Wenn viele Leute Verschiedenes raten, wird irgendwann schon jemand Recht haben. Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig die WMAP-Daten sind. Aber das heißt nicht, nun sei alles vorbei und wir könnten zur Biophysik wechseln. Im Gegenteil: Kosmologie macht immer mehr Spaß.

Anzeige

bdw: Sie betonen immer wieder, dass wir ins Zeitalter der Präzisionskosmologie kommen. Die alten Unsicherheiten sind verschwunden. Gehen Ihnen nicht allmählich Stoff und Motivation aus?

TEGMARK: Wir haben ein Standardmodell der Kosmologie. Aber wenn die Messungen besser werden, können Reibungsflächen entstehen. Kleinere Probleme zeigen sich wohl schon. Es ist nicht klar, was geschehen wird – ob der Trend sich nur bestätigen wird, mit immer kleineren Messunsicherheiten. Das Wichtigste, was wir lernen können, liegt noch in der Zukunft. Das Potenzial der Daten ist noch gar nicht ausgereizt, es wird sich erst in Verbindung mit anderen Resultaten und Messmethoden erschließen.

bdw: Ist mit WMAP das letzte Wort gesprochen?

TEGMARK: Sicher nicht. Historisch betrachtet heißt es oft: Wenn ein bestimmtes Experiment abgeschlossen ist, dann wissen wir alles zu diesem Thema, und die Forschung dazu macht keinen Spaß mehr. Sicher: Das Experiment beantwortet einige Fragen – aber es gibt neue Fragen und Überraschungen. So ist es auch mit WMAP. Wir sehen zum Beispiel keine Strukturen größer als sechs Milliarden Lichtjahre, also etwa 60 Grad am Himmel – das ist eine der großen Überraschungen und wurde nicht vorausgesagt. Bei denselben Distanzen wird auch die Dunkle Energie wichtig. Vielleicht haben wir uns mit der Vorstellung von der Schwerkraft geirrt. Eigentlich müsste es noch größere Strukturen geben – zumindest gemäß der Theorie der kosmischen Inflation, die Homogenität auf allen Skalen voraussagt. Es wird sehr spannend sein, die Physik zu testen.

bdw: Vielfach war zu lesen, WMAP hätte die Theorie der Inflation bewiesen. Kann man das so einfach behaupten?

TEGMARK: Das ist viel zu stark formuliert – ebenso, dass schon wichtige Inflationsmodelle widerlegt seien. Dazu reichen die WMAP-Daten noch nicht aus. Um Mark Twain zu variieren: Die Nachricht vom Tod bestimmter Modelle ist reichlich übertrieben. Das Ganze ist teilweise ein Medien-Phänomen. Journalisten und Pressesprecher müssen die Herausgeber oder Redakteure überzeugen, dass das, was sie veröffentlichen wollen, neu ist. Doch was die Medien interessiert, ist oft nicht das, was die Wissenschaftler spannend finden.

Rüdiger Vaas

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Ka|rot|te  〈f. 19; Bot.〉 1 Gemeine Möhre: Daucus carota 2 〈heute meist〉 früh reifende, gelbe bis rote, kurze Mohrrübe … mehr

LAN–Par|ty  〈[–pa(r)tı] f. 10; IT〉 Party, bei der bes. Jugendliche an mehreren vernetzten Computern mit– u. gegeneinander Computerspiele spielen [verkürzt <engl. Local Area Network … mehr

ka|ta|plek|tisch  〈Adj.; Med.〉 von Kataplexie befallen, vor Schreck gelähmt, schreckensstarr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige