Aderlass – das klingt wie Medizin aus dem tiefsten Mittelalter, als die Heilkundler ihre Dienste auf dem Marktplatz feilboten. Doch Patienten, die sich mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert haben, profitieren auch heute vom regelmäßigen „ Abzapfen“ des Blutes: Erste Untersuchungen sprechen dafür, dass die Medikamente dadurch besser wirken.
In Deutschland sind fast eine halbe Million Menschen mit Hepatitis C infiziert. Jährlich kommen etwa 8000 hinzu. Anstecken kann man sich, wenn Blut eines Infizierten in den eigenen Blutstrom gelangt, etwa wenn Drogensüchtige sich eine Nadel teilen. Auch eine Übertragung durch Sexualkontakt ist möglich. Unbehandelt zerstört das Virus bei etwa einem Viertel der Patienten langsam die Leberzellen, und es entwickelt sich eine Leberzirrhose. Auch das Risiko für Leberkrebs iist deutlich erhöht. Um die Infektion zu stoppen, setzen Ärzte vor allem auf den Immunstimulator Interferon alpha und den Virushemmer Ribavirin. Das hilft zwischen 50 und 80 Prozent der Kranken.
Sehr oft geht die Infektion mit erhöhten Eisenwerten im Blut einher. Das Spurenelement braucht der Körper vor allem für den roten Blutfarbstoff Hämoglobin. Nicht benötigte Reserven werden in der Leber gespeichert. Im Laufe der Hepatitis-C-Erkrankung steigen die Werte dort oft über das gesunde Maß hinaus. „Bis zu 40 Prozent unserer Patienten haben zu viel Eisen in der Leber“, sagt Dr. Thomas Göbel von der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie in Düsseldorf. Das ist gleich in zweifacher Hinsicht gefährlich: „Überschüssiges Eisen fördert nicht nur die Leberzirrhose, sondern behindert vermutlich auch die Wirksamkeit der Medikamente.“
Ein Aderlass ist hier immer noch der beste Weg, um die Eisenkonzentration im Körper zu senken. Dabei wird dem Patienten ein halber Liter Blut abgenommen – so viel wie bei einer Blutspende. Um neues Hämoglobin zu bilden, baut der Körper anschließend die Eisenreserven in der Leber ab.
Bisher ist nicht klar, wie das Virus die Eisenüberladung auslöst. Immerhin haben die Forscher herausgefunden, dass bei vielen Hepatitis-C-Patienten mit zu hohen Eisenwerten mehrere Eisenspeicher-Gene mutiert sind. Normalerweise kommen diese Genveränderungen nur zum Tragen, wenn sie „homozygot“ vorliegen, wenn also beide Chromosomen mutiert sind. Die Betroffenen leiden dann an der sogenannten Eisenspeicherkrankheit. Zusammen mit dem Virus genügt aber offensichtlich bereits eine einzelne Mutation, um die Eisenwerte gefährlich steigen zu lassen.
Kleinere Studien weisen darauf hin, dass die Interferon-Therapie nach einem Aderlass wesentlich effektiver ist. Die Leberwerte verbesserten sich und eine beginnende Zirrhose wurde gebremst. Nun wollen die Düsseldorfer Spezialisten diese Wirkungen mit größeren Patientenzahlen überprüfen: in der KAPRI-Studie (Konsekutive Aderlass- und Peginterferon alfa2a- Ribaverin-Therapie, Adresse siehe unten). Ulrich Fricke
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