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Das Apollo-Komplott

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Das Apollo-Komplott
Mit den Mondflügen soll die Weltöffentlichkeit getäuscht worden sein, behaupten Skeptiker. Doch haben sie dafür Beweise?

Die New York Times berichtete im Dezember 1969 über das Treffen eines seltsamen Vereins. Rund 200 Mitglieder versammelten sich in Kitty Hawk, am Ort des ersten Motorflugs der Gebrüder Wright, um die offizielle Version der Luftfahrtgeschichte anzuzweifeln. Aus aktuellem Anlass, rund fünf Monate nach der ersten Mondlandung, nahmen die Exzentriker nun auch die Pioniertat der NASA ins Fadenkreuz: Ging beim „großen Sprung für die Menschheit“ alles mit rechten Dingen zu? Hat der Mondflug überhaupt stattgefunden? Doch wie alle Verlautbarungen des Vereins mit dem kuriosen Namen „Man Will Never Fly Memorial Society“ war das nicht wirklich ernst gemeint. Das verrät schon das Vereinsmotto „Vögel fliegen – der Mensch trinkt“. Die feucht-fröhlichen Assoziationen machen deutlich, worum es dem immer noch existierenden Club hauptsächlich geht.

Doch nach wie vor propagieren Verschwörungstheoretiker im Internet, in Büchern und im Fernsehen, die Mondfahrt sei gefälscht. Und anders als 1969 meinen sie das ernst. Ihre Mission ist es, ein finsteres Komplott aufzudecken, mit dem angeblich die damalige US-Regierung unter Richard Nixon zusammen mit der NASA die Weltöffentlichkeit täuschte: Um im Wettlauf zum Mond als Sieger dazustehen, so die These, wäre die Mondfahrt in Hollywood-Manier simuliert worden. Auch wenn die Thesen abstrus erscheinen: Fakt ist, dass man die Apollo-Landefähren von der Erde aus nicht sehen kann – kein Teleskop bringt das bislang fertig, selbst Hubbles Adlerblick muss passen. Das gleiche gilt für die Bordkameras der Mondsonden, die den Trabanten vom Orbit aus inspizierten. bild der wissenschaft hat die Hauptthesen der Verschwörungstheoretiker einmal unter die Lupe genommen.

Laserschüsse auf den Mond

Was viele Mondfahrtleugner ignorieren: Neil Armstrong und Buzz Aldrin von Apollo 11 hinterließen auf dem Erdtrabanten nicht nur Landestufen, sondern auch wissenschaftliche Geräte. Dazu gehört ein mit Prismen besetzter Kasten, das Lunar Laser Ranging Experiment. Fast baugleiche Geräte waren im Gepäck der Missionen von Apollo 14 und 15. Der Zweck dieser Instrumente: Die präzise Messung der Distanz von Erde und Mond.

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Die Prismen der Laser-Reflektoren sind so gebaut, dass sie Lichtstrahlen genau in die Richtung zurückwerfen, aus der sie gekommen sind. Von verschiedenen Observatorien auf der Erde, darunter der Station Wettzell im Bayrischen Wald, werden sie mit starken Laserblitzen bestrahlt.

Da die irdische Luft den Strahl auffächert, beleuchtet das Laserlicht auf dem Mond eine Fläche von mehreren Quadratkilometern. Das ist groß genug, um mit Hilfe eines Fernrohrs den Strahl auf den Laser-Reflektor auszurichten. Ein winziger Bruchteil des grünen Lichts trifft die Prismen und wird zurückgeworfen. Die Laufzeit der Strahlen – und damit auch die Monddistanz – kann sehr genau gemessen werden. Ein Resultat des Laser-Experiments: Der Trabant driftet von der Erde weg – durchschnittlich um 3,8 Zentimeter pro Jahr.

Verschwörungstheoretiker Gernot Geise behauptet nun auf seiner Website: Die im Teleskop messbaren Reflexe sind kein Beweis für die Echtheit der Mondlandung, das Licht könnte ja auch von der Mondoberfläche selbst reflektiert werden. Wolkig schreibt er, Astronomen könnten dies bestätigen. Nachprüfbare Quellen bleibt er schuldig. Ulrich Schreiber, Experte für Weltraum-Geodäsie von der Station Wettzell, widerspricht: Er weist auf die extrem genauen Entfernungsmessungen hin, die er in den vergangenen 25 Jahren mit der Laser-Methode immer wieder gemacht hat. Mit Bodenechos wäre dies aufgrund der rauen Mondoberfläche niemals möglich gewesen.

Mondgestein in Mainz

Noch wichtiger als Laser-Reflexe sind 382 Kilogramm Gestein, das die Apollo-Astronauten vom Mond mitbrachten. Die Proben wurden in verschiedenen Labors untersucht, auch im Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie. Ergebnis: Die ältesten Steine, die Apollo 16 eingesammelt hat, sind mit 4,6 Milliarden Jahren viel älter als alle, die je auf der Erdoberfläche gefunden wurden. Und: Das Mondmaterial enthielt keinerlei Spuren von Wasser.

Die Oberfläche dieser einzigartigen Steine zeigte im Mikroskop eine weitere Besonderheit: winzige Einschlagskrater durch Mikrometeoriten. Auf dem Mond, den keine Atmosphäre schützt, waren die Brocken über Jahrmillionen immer wieder von den winzigen Projektilen getroffen worden. Außerdem fanden die Forscher in den äußeren Schichten Ablagerungen, die nur durch die Wirkung des Sonnenwinds erklärt werden können, so auch vergleichsweise viel Helium-3. Das Isotop ist auf der Erde extrem selten. Es ist daher ausgeschlossen, dass es sich bei den Apollo-Proben um Meteoriten vom Mond handelt, denn deren äußere Schicht würde beim Sturz durch die Erdatmosphäre geschmolzen – die Ursache für ihre schwarze Kruste. Die für das Apollo-Gestein so typischen Oberflächenmerkmale wären beim Eintritt in die Lufthülle zerstört worden.

Komplott-Verfechter Geise hat noch eine andere Idee zur Herkunft der „Apollo-Mondproben“: Die NASA selbst hätte eingeräumt, größere Mengen simuliertes Mondgestein produziert zu haben, was er für ein halbes Fälschungseingeständnis hält. Doch Geise verkennt, dass es sich nicht um eine perfekte Imitation handelte, sondern um eine Substanz, mit deren Hilfe Werkzeuge und Verfahren der Astronauten auf der Erde getestet wurden. Gerlind Dreibus-Kapp vom MPI in Mainz weist Geises Thesen als absurd zurück: „Eine Fälschung ist völlig ausgeschlossen.“ Die Kosmochemikerin gehörte 1969 zum Team, das die ersten Proben von Apollo 11 untersuchte. „Die charakteristische chemische und physikalische Zusammensetzung der Mondproben lässt sich nicht mit terrestrischen Gesteinsproben nachahmen“, betont sie.

Sowjetischer Geniestreich

Aber die Komplott-Gläubigen lassen nicht locker. Einige behaupten, die Proben wären mit automatischen Sonden zur Erde gekommen. Richtig ist: Zwischen 1970 und 1976 gelang drei sowjetischen Luna-Sonden der Rücktransport von Mondproben zur Erde. Die Roboter besaßen einen Auslegearm mit einer automatischen Bohrvorrichtung, die die Proben aus dem Boden holte. Sie wurden in einem Behälter verstaut und mit einer Kapsel ins All geschossen, die später in der Sowjetunion landete.

Das war eine Meisterleistung der sowjetischen Raumfahrt, brachte jedoch nur wenig Mond-Materie zur Erde. Die letzte Mission, Luna 24, kehrte mit 170 Gramm heim. Um größere Gesteinsmengen zur Erde zu bringen, wäre ein Mondrover nötig gewesen, der in der Umgebung des Landers große Brocken eingesammelt und diese zu einer Rückstartstufe gebracht hätte, um die Fracht zu verschiffen. Für die nachweislich von sechs geologisch unterschiedlichen Landeplätzen stammenden Proben wären also mindestens sechs Missionen nötig gewesen. Ein so extrem aufwendiges unbemanntes Mondprogramm ist bis heute ein unerfüllter Forschertraum.

Fehlender Landekrater

Gerhard Wisnewski, Autor des TV-Machwerks „Die Akte Apollo“, hat es in vielen Science-Fiction-Filmen gesehen: Raumschiffe, die auf dem Mond landen, wirbeln mit ihren Raketenabgasen dichte Staubwolken auf. Wieso zeigen also die Apollo-Fotos keinen Staub auf der Mondfähre, insbesondere nicht auf den Landefüßen, fragt er. Für Wisnewski sind sie ein klares Indiz für die Fälschung der Mondlandungen. Der vielseitige Verschwörungs-Autor, dem der WDR kurz nach der Ausstrahlung eines tendenziösen TV-Beitrags über die Attentate des 11. September die Zusammenarbeit aufkündigte, übersieht: Auf dem Mond gibt es keine Atmosphäre, in der sich Wirbel bilden könnten. Die einzelnen Abgas-Moleküle verlassen das Triebwerk folglich geradlinig und werden erst gebremst, wenn sie mit Staubpartikeln kollidieren. Diese Partikel fliegen dann mit hohem Tempo auf Parabelbahnen davon – ohne jede Chance, auf den Landebeintellern zur Ruhe zu kommen.

Und: Im Abgasstrahl herrscht ein Überdruck gegenüber dem Weltraumvakuum. Deshalb expandiert der Strahl radial, sobald er die Düse verlässt. Diese Auffächerung erklärt das Fehlen eines scharf konturierten Kraters unter der Fähre: Durch ihre große Seitwärtsgeschwindigkeit tragen die Abgase jeden Ansatz eines Kraterrands sofort ab.

Auch die speziellen Eigenschaften des Mondstaubs erschweren die Kraterbildung. Der Staub entsteht durch die stetige Zersplitterung von Mondsteinen durch Meteoriten. Im Mikroskop erkennt man die stark zerklüftete Form der Partikel, wegen der sie gut aneinander haften. Mit der Zeit hat sich eine stabile Kruste gebildet, die bereits wenige Zentimeter unter der losen Oberfläche fest genug ist, um dem Raketenstrahl zu widerstehen. Dessen Stärke wird außerdem oft überschätzt: In der Landephase beträgt der Abgasausstoß kaum vier Kilogramm pro Sekunde.

Kalkuliertes Risiko

Ein weiterer häufiger Einwand: Der Van-Allen-Gürtel – eine Strahlungszone jenseits der Hochatmosphäre – sei unüberwindbar. Ab welcher Höhe über dem Erdboden die Strahlung stark zunimmt, variiert geografisch, meist sind es rund 700 Kilometer. Der Gürtel war die erste große Entdeckung der Raumfahrt. Sie gelang 1958 mit dem Geigerzähler des US-Satelliten Explorer 1. Leiter des Experiments war der im vergangenen Jahr verstorbene US-Physiker James Van Allen.

Die erhöhte Strahlung hätte die Mondfahrer getötet oder zumindest ihre Gesundheit ruiniert – verbreitet die Mär. Van Allen bezeichnete das stets als Unsinn. Tatsächlich konnten NASA-Forscher diese Gefahr schon früh ausschließen. Nach Untersuchungen mit unbemannten Satelliten flogen bereits 1966 die bemannten Kapseln Gemini 10 und 11 tief in den Van-Allen-Gürtel. Die Astronauten verbrachten dabei dort mehr Zeit, als für den Mondflug nötig. Trotzdem war ihre Strahlungsgesamtdosis so gering, dass die NASA bedenkenlos alle vier bei späteren Apollo-Flügen erneut durch den Gürtel schickte.

Auch auf dem Mond lauern – ohne Schutz durch Atmosphäre und Magnetfeld – Strahlengefahren, allerdings nicht in dem behaupteten Ausmaß. Während auf der Erde die natürliche Strahlendosis auf Meereshöhe 2,4 Millisievert pro Jahr beträgt, wird die Jahresdosis auf der Mondoberfläche auf 300 Millisievert geschätzt. Das entspricht zwar der mehrfachen Dosis, die etwa dem Personal von Kernkraftwerken pro Jahr zugemutet wird, doch die Mondfahrer mussten die Radioaktivität nur kurz aushalten. Mit 75 Stunden waren die Astronauten von Apollo 17 am längsten vor Ort. Erst bei einem monatelangen Aufenthalt würde es für die Gesundheit kritisch. Deshalb muss die NASA dieses Problem angehen: Für die Langzeitbesatzungen der geplanten Mondbasis, die Ende des kommenden Jahrzehnts Gestalt annehmen soll, müssen aufwendige Schutzmaßnahmen getroffen werden. Eine denkbare Lösung wäre, die Module der Basis zwei Meter tief im Mondgestein zu vergraben.

Gefahr von der Sonne

Eine noch stärkere Gefahr für Mondfahrer sind die hochenergetischen Protonen, die während überraschender Sonnenausbrüche in den Weltraum geschleudert werden. Diese „ Flares“ sind zwar relativ selten, aber sie gehen mit gefährlichen Strahlendosen einher. Einem nur durch den Raumanzug geschützten Astronauten droht eine akute Strahlenkrankheit. Ohne eine Knochenmarktransplantation innerhalb weniger Tage könnte er sogar sterben.

Der NASA war dieses Risiko bewusst. Um es zu mindern, ließ sie die Sonne in einem weltweiten Beobachtungsnetz ununterbrochen mit Fernrohren und Radioantennen überwachen. Hätte eine dieser Stationen einen Ausbruch gemeldet, wäre Eile geboten gewesen: Bloß einige Stunden Vorwarnzeit wären bis zum Eintreffen der gefährlichen Protonen verblieben. Um sich zu retten, hatten die Raumfahrer zwei Optionen: Entweder die Flucht in die Landefähre oder ein vorzeitiger Rückstart in den Mondorbit. Mit den schweren Treibstofftanks und Triebwerken des Mutterschiffs, ausgerichtet zur Sonne, wären die Sonnenprotonen besser abgeschirmt worden.

Wenn die geplante deutsche Mondsonde eines Tages die Hinterlassenschaften der Mondfahrer fotografieren sollte – was werden die Verschwörungs-Autoren dann schreiben? Voraussichtlich ignorieren sie die Tatsachen auch dann. Denn ihre Leser gieren nach immer neuen Geschichten. ■

RAINER KRESKEN (links) ist Raumfahrt- Ingenieur und arbeitet für die ESA im Kontrollzentrum ESOC in Darmstadt. In vielen öffentlichen Vorträgen hat er die Argumente der Verschwörungstheoretiker widerlegt. THORSTEN DAMBECK ist promovierter Physiker und berichtet regelmäßig für bdw – zuletzt im Juli-Heft über die Erforschung des Saturnmonds Titan.

Rainer Kresken und Thorsten Dambeck

Ohne Titel

· Die Apollo-Gesteinsproben stammen vom Mond. Auf der Erde lassen sich ihre Eigenschaften nicht imitieren.

· Der Van-Allen-Strahlungsgürtel war für die Mondfahrer keine Gesundheitsgefahr, da sie ihn nur kurz durchquerten.

· Die extrem genauen Entfernungsmessungen zum Mond sind nur durch dort aufgestellte Instrumente möglich.

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