Von den rund 200 000 Menschen, die jährlich in Deutschland einen Schlaganfall erleiden, behält knapp ein Viertel Sprachstörungen zurück. Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wurde jetzt eine neue Möglichkeit gefunden, diese Störungen rascher zu kurieren. Neurologen um Gianpiero Liuzzi und Friedhelm Hummel entdeckten, dass das Sprachvermögen nicht nur im klassischen Sprachzentrum des Gehirns organisiert ist. Das Team wies nach, dass der motorische Kortex, der eigentlich für die Kontrolle von Bewegungen zuständig ist, beim Hören und Lesen von bewegungsassoziierten Verben wie „rennen“ ebenfalls aktiviert wird.
Die Forscher erfanden zunächst eine Reihe von Fantasiewörtern. 63 Freiwillige sollten dann lernen, diese mit Bildern, die Bewegungen zeigten, zu verknüpfen – etwa „sigu“ mit der Abbildung einer Person, die tritt. Bei einem Teil der Probanden wurde der motorische Kortex durch Hirnstimulation gehemmt. Sie taten sich deutlich schwerer beim Einprägen der Assoziationen. Damit war erstmals der Beweis erbracht, dass auch andere Hirnregionen als das Sprachzentrum am Spracherwerb beteiligt sind.
Liuzzi und Hummel sind überzeugt, dass Schlaganfallpatienten ihre Sprachfähigkeit besser und früher wiedererlangen können, wenn man bei ihnen die Verbindung zwischen sprachlichen und motorischen Hirnarealen stimuliert.