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Das digitale Daumenkino

Technik|Digitales

Das digitale Daumenkino
Pünktlich zur Fußball-WM gingen die ersten Fernsehkanäle fürs Handy auf Sendung. Doch bislang kann sie kaum jemand empfangen.

Im Internet surfen, Musik hören, Schnappschüsse und Videoclips aufnehmen und an Freunde verschicken – Mobiltelefone werden immer vielseitiger, das Telefonieren ist fast Nebensache. Der neueste Trend ist das TV zum Mitnehmen. Seit dem 31. Mai – kurz vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft – bietet Debitel als erster Provider die Möglichkeit, „echtes“ Fernsehen auf dem Handy zu empfangen. Die Fußballfans sollen auch unterwegs kein Tor verpassen.

Wer Kunde von T-Mobile oder Vodafone ist und ein UMTS-Handy besitzt, hat zwar schon seit Längerem die Möglichkeit, Fernsehprogramme sowie einzelne Filme und Serien auf seinem Mobil- telefon anzuschauen. Doch dafür muss eigens für ihn eine Datenverbindung im Mobilfunknetz aufgebaut werden, um das Programm per „Streaming“ aufs Handy zu übertragen. Wegen der vergleichsweise geringen Übertragungskapazität der UMTS-Netze sind Bild- und Tonqualität bescheiden – und das Ganze funktioniert auch nur, so lange bloß wenige Nutzer TV auf ihrem Telefon empfangen wollen. Laden sich viele innerhalb einer Mobilfunkzelle gleichzeitig ein TV-Programm aufs Handy, bricht die Übertragung zusammen.

Ganz anders beim mobilen Fernsehen, wie es in Korea – dem Vorreiter in Sachen Handy-TV – bereits seit Dezember 2005 zu empfangen ist und wie man es über Debitel nun auch in Deutschland nutzen kann: Hier wird das Programm – wie beim gewöhnlichen Fernsehen oder Rundfunk per Antenne – permanent über spezielle Funkmasten ausgestrahlt und kann von jedem empfangen werden, der ein geeignetes Gerät besitzt. Zwei unterschiedliche Technologien stehen zur Verfügung, um die Fernsehbilder aufs Handy zu bringen: Digital Video Broadcasting Handheld (DVB-H) – eine auf kleine, tragbare Empfangsgeräte angepasste Version des europäischen Standards für das terrestrische digitale Fernsehen – und das in Asien entwickelte Digital Media Broadcasting. Dieses DMB funktioniert ähnlich wie das digitale UKW-Radio DAB (Digital Audio Broadcasting). Das wurde 1999 in Deutschland eingeführt, entpuppte sich aber als Flop – vermutlich, weil es gegenüber dem analogen UKW-Rundfunk allenfalls im Auto eine hörbare Qualitätsverbesserung bringt. Welches der beiden Übertragungsverfahren sich letztlich durchsetzen wird, ist offen.

Für die DMB-Technologie spricht, dass sich mit ihr sehr rasch ein Sendernetz für das Handy-TV aufbauen lässt – man kann dafür die vorhandene Infrastruktur des DAB verwenden. Der Nachteil: Die Sendemasten funken nur mit der schwachen Leistung von maximal einem Kilowatt – das ist zwar genug für einen TV-Empfang im Freien oder im Auto, reicht aber nicht für ungestörtes mobiles Fernsehen innerhalb von Gebäuden. Zudem lassen sich per DMB nur etwa eine Handvoll TV- und rund zwei Dutzend Rundfunkprogramme übertragen – und es steht kein Rückkanal zum Sender zur Verfügung.

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Anders bei DVB-H: Diese Technologie ermöglicht es, sich über einen Rückkanal direkt am Programm zu beteiligen und per Knopfdruck etwa bei Shows und Quiz-Sendungen mitzumachen oder abzustimmen. Vor allem aber kann man den Nutzern mit DVB-H wegen der größeren Bandbreite weitaus mehr Vielfalt bieten: bis zu 25 Fernseh- und über 100 Radioprogramme lassen sich ausstrahlen und empfangen. Der Pferdefuß dieser Technologie ist die fehlende Infrastruktur: Die Sendeanlagen müssten komplett neu errichtet werden. Außerdem stehen derzeit nicht überall genug freie Frequenzen für ein mobiles TV per DVB-H bereit.

Die meisten Mobilfunkanbieter warten daher erst mal ab mit der Einführung von Handy-TV, das über die bisherigen Streaming-Angebote per UMTS hinaus geht. Allein Debitel setzt auf den einfach zu realisierenden DMB-Standard. Dabei arbeitet das Stuttgarter Unternehmen mit der Düsseldorfer Firma MFD (Mobiles Fernsehen Deutschland) zusammen, die in Deutschland die Lizenz zum Betreiben eines DMB-Netzes erhalten hat.

Wer das mobile Fernsehen bei Debitel nutzen will, muss dafür rund zehn Euro pro Monat berappen. Dafür kann er vier TV-Programme – ZDF, N24, ein Musikprogramm von MTV und einen Comedy-Kanal von ProSieben/Sat-1 – sowie 20 digitale Radioprogramme auf dem Handy empfangen. Das passende Gerät muss er erst kaufen: das Samsung SGH-P900, das als bislang einziges in Deutschland erhältliches Mobiltelefon einen DMB-Tuner besitzt. Sein Preis (ohne Zuschuss vom Mobilfunkprovider): rund 600 Euro. Auf sehr viel Mobilität beim Fernsehen darf man noch nicht aus sein: Der Empfang der TV- und Radioprogramme ist zunächst nur in einigen WM-Städten möglich und soll erst nach und nach ausgebaut werden.

Ob die Mobilfunknutzer überhaupt daran interessiert sind, auf ihrem Handy fernzusehen, wollte das Marktforschungsinstitut TNS Infratest durch eine Umfrage im Februar herausfinden. Das Resultat: Nur sieben Prozent der deutschen Mobilfunknutzer sind davon angetan. Die anderen schreckt – neben der Aussicht auf zusätzliche Kosten – vor allem der Gedanke an kaum erkennbare TV-Szenen auf dem kleinen Display und eine mutmaßlich schlechte Bild- und Tonqualität ab. Bei den besonders eifrigen jungen Handy-Nutzern zwischen 14 und 29 Jahren ist das Interesse am mobilen Fernsehen allerdings deutlich höher. Von ihnen können sich viele vorstellen, Wartezeiten oder die Fahrt mit Bus oder Bahn durch informative oder unterhaltsame TV-Sendungen auf dem Handy angenehmer zu gestalten.

Allzu viel Wert auf Umfragen sollte man jedoch nicht legen. Eine Befragung vor 15 Jahren hatte ergeben, dass nur 15 Prozent der Bevölkerung den Kauf eines Mobiltelefons in Erwägung ziehen – kurz danach begann der Mobilfunk-Boom. Und heute hat fast jeder ein Handy. ■

Cynthia Mouchbahani

COMMUNITY Internet

Homepage mit aktuellen Infos von MFD: www.tv-mfd.de/html/mobil.html

Infos zum Mobilen Fernsehen von Debitel: www.debitel.de/privat_shop/debitel_tv

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