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Warum Blinde hellhörig und feinfühlig sind

Allgemein

Warum Blinde hellhörig und feinfühlig sind

Wer einmal versucht hat, die erhabenen Punkte der Braille-Schrift mit seinen Fingerspitzen zu erfühlen oder sich allein anhand von Geräuschen zu orientieren, weiß: Blinde müssen einen außergewöhnlich guten Tast- und Hörsinn haben. Warum das so ist, hat jetzt ein internationales Wissenschaftlerteam um den US-Hirnforscher Laurent Renier von der Georgetown University in Washington gezeigt: Das Gehirn lässt die nicht benötigten Areale nicht etwa brachliegen, sondern nutzt die Ressourcen zusätzlich fürs Hören und Fühlen.

Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler zwölf von Geburt an blinde und zwölf sehende Probanden miteinander verglichen. Alle sollten zarte Vibrationen an ihren Händen erspüren und Tönen lauschen, während die Wissenschaftler gleichzeitig ihre Hirnaktivität aufzeichneten. Das Ergebnis: Die Blinden waren deutlich besser darin, die Herkunft der Geräusche zu lokalisieren und die Position der gefühlten Vibrationen zu bestimmen als die normalsichtigen Teilnehmer. Das spiegelte sich auch in der Hirnaktivität der beiden Gruppen wider: Während die Tastaufgaben bei den Sehenden lediglich die fürs Fühlen zuständigen Areale im Gehirn aktivierten und die Hörtests nur das Hörzentrum, leuchtete bei den Blinden beide Male zusätzlich ein Teil des Sehzentrums auf – und zwar genau der Bereich, der normalerweise räumliche Zusammenhänge verarbeitet. Demnach verteilt das Gehirn die ungenutzten Ressourcen zwar neu, die grundlegenden Zuständigkeiten bleiben jedoch erhalten, schließen die Forscher.

Der Effekt scheint nicht auf den Sehsinn beschränkt zu sein, legt eine zweite Studie mit gehörlosen Katzen nahe. Wie der Kanadier Stephen Lomber von der University of Western Ontario und seine Kollegen zeigen konnten, werden auch bei ihnen die normalerweise fürs Hören zuständigen Ressourcen anders genutzt: Dank der zusätzlichen Kapazität reagieren die tauben Tiere schneller auf optische Reize und nehmen sie am Rand ihres Gesichtsfeldes auch besser wahr als ihre hörfähigen Artgenossen. Fazit beider Teams: Das Gehirn ist unglaublich flexibel – selbst wenn es um derart hochentwickelte Systeme wie die Sinneswahrnehmung geht.

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