Was tun, wenn die Hand schmerzt, obwohl sie amputiert wurde? Mindestens jeder zweite Amputierte empfindet solche Phantomschmerzen, vermutlich aufgrund einer Fehlschaltung im Gehirn. Wenn ein Körperteil fehlt, bekommt der dafür zuständige Bereich der Großhirnrinde keinen Input mehr. Die noch vorhandenen Signale sind schwache Impulse aus den Nachbarregionen, die nun in den Vordergrund treten. Die Folge: Der bisher für den amputierten Teil verantwortliche Bereich reagiert jetzt auch auf Reize aus anderen Körperteilen, etwa vom Gesicht. Berührt man den Betroffenen beispielsweise an der Wange, empfindet er den Druck sowohl dort als auch am nicht mehr existierenden Daumen.
Um den häufigen Phantomschmerzen den Kampf anzusagen, hat der klinische Psychologe Thomas Weiß von der Universität Jena zusammen mit einem interdisziplinären Team eine Unterarmprothese umgebaut – und zwar so, dass sie dem Gehirn vorgaukelt, der amputierte Unterarm sei noch da. Dazu sendet die Prothese Tastinformationen von Sensoren an den Fingern an eine Manschette, die am gesunden Teil des Oberarms angebracht ist. „Dort werden die Daten in elektrische Signale umgewandelt und über sechs Elektroden in unterschiedlichen Mustern auf die Haut übertragen”, erklärt Weiß.
„Bisher haben acht Patienten die Prothese jeweils zwei Wochen lang getestet – und ihre Schmerzen haben um etwa 20 Prozent nachgelassen”, sagt der Psychologe. Längere Testperioden waren aus technischen Gründen noch nicht möglich, sollen jedoch in Kürze beginnen, ebenso wie Versuche mit weiteren Prothesentypen. Weiß ist optimistisch: „Auch wenn uns wohl keine vollständige Schmerzlöschung gelingen wird, glaube ich, dass wir noch sehr viel stärkere Effekte erzielen können.”