Nicht nur Laien staunen darüber, wie intelligent sich manche Tiere verhalten, wie sie tüfteln, planen, spielen, tricksen und täuschen. Auch die Wissenschaft erkennt das mehr und mehr. Während das feine Wort „Kognition“ lange Zeit nur für die menschlichen höheren Denkleistungen in Gebrauch war, entstehen derzeit immer mehr Lehrstühle und Forschungszentren für Kognitionsbiologie.
Kognitionsbiologen trauen sich, menschliches und tierisches Verhalten direkt zu vergleichen und Schlüsse auf die dahinter liegenden Denkprozesse, die Kognitionen, zu ziehen. Angefangen mit solchen Versuchen hat das Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig: Dort ließ man jahrelang menschliche Kinder in ausgefuchsten Intelligenztests gegen den Nachwuchs von Schimpanse, Bonobo, Gorilla und Orang-Utan antreten – wobei keineswegs immer die kleinen Menschenaffen den Kürzeren zogen.
DER GROSSE GRABEN
Julia Fischer, die als Professorin für Kognitive Ethologie an der Universität Göttingen lehrt und am dortigen Deutschen Primatenzentrum forscht, hat inzwischen Makaken und Paviane (die man nicht unter die Menschenaffen, sondern unter die Tieraffen rechnet) in den Vergleich mit einbezogen. Und nach ersten, noch nicht publizierten Ergebnissen „sieht es so aus, als würden sich die Affen in ihrer Intelligenz nicht so besonders unterscheiden – außer im Werkzeuggebrauch“. Ein ziemlich großer Graben klafft jedoch nach wie vor zwischen Menschenaffen und Mensch. Deshalb wurde Homo sapiens für unseren Intelligenz-Wettbewerb der schlauen Tiere disqualifiziert. Der Mensch spielt in seiner eigenen Liga.
Doch muss der Mensch immer das Maß aller Dinge sein, wenn es um die Intelligenz geht? Julia Fischer meint: Nein. Es gibt neben der anthropozentrischen Perspektive (die Fischer in der Wissenschaft für durchaus erlaubt hält, weil sie uns hilft, unsere biologische Vorgeschichte zu verstehen) auch den Ansatz einer „ökologischen Intelligenz“: „Solche Forscher fragen, welche Probleme das jeweilige Tier in seiner Umwelt zu lösen hat und wie es sie löst.“ Lebt das Tier beispielsweise ein kurzes Leben in einer recht konstanten Umwelt, braucht es kein flexibles Gehirn. Es kommt dann mit festen Verhaltensprogrammen und etwas Lernfähigkeit gut aus. „Lernen können selbst die Larven der Drosophila-Fliege“, weiß Fischer. Flexibilität ist hingegen für Tiere wichtig, die lange leben und deren Umwelt sich ständig ändert: Elefanten sind ein Musterbeispiel dafür. Ein Vorteil des ökologischen Ansatzes ist, dass man Spitzenleistungen erkennt, bei denen der Mensch nicht mithalten kann. „Würden Hunde mit uns einen Geruchstest veranstalten, schnitten wir erbärmlich ab“, meint Fischer. „Und beim räumlichen Navigieren würde uns jeder Zugvogel abhängen.“
DER WETTBEWERB BEGINNT
Bei unserer Casting-Show der schlauen Tiere können Sie wählen, ob Sie aus dem Blickwinkel der Umwelt oder aus der menschlichen Perspektive abstimmen wollen. Doch um eines bitten wir Sie: Entscheiden Sie sich nur für ein einziges von den sieben in engagierten Plädoyers vorgestellten Tieren! Die sieben sind allesamt Vertreter aus Tierfamilien, die Verhaltensforscher als besonders intelligent ansehen – und deshalb besonders gründlich erforscht haben.
Sie können auf zweierlei Art gewinnen: Das meistgewählte Tier wird in bild der wissenschaft demnächst noch einmal ausführlicher vorgestellt und kann so seine Intelligenz zur vollen Geltung bringen. Und: Unter allen Einsendern losen wir fünf aus, denen wir in Stuttgart und Umgebung ein ganz besonderes tierisch-menschliches Unterhaltungsprogramm bieten wollen. Näheres erfahren Sie im Kasten „Ihr Engagement wird belohnt!“ auf Seite 35. Viel Glück! ■
von Judith Rauch
LESEN
Friederike Range WIE DENKEN TIERE? Ueberreuter, Wien 2009, € 22,95