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Fahrplan 2030: Tempo 400

Technik|Digitales

Fahrplan 2030: Tempo 400
Das Aus für den Transrapid bedeutet nicht das Ende schnellster Hochgeschwindigkeitszüge. Im Gegenteil: Die Rad-Schiene-Technik kann die Fahrzeiten weiter verkürzen.

„Der Transrapid wurde entwickelt, weil er 500 km/h erreichen kann, die Bahn aber nicht. Doch die kann das heute auch. Deshalb ist der Transrapid ein Auslaufmodell.” Dieses Urteil fällte Torsten Dellmann, Leiter des Instituts für Schienenfahrzeuge und Fördertechnik an der RWTH Aachen im Januar gegenüber bild der wissenschaft. Zwei Monate später fand der Professor durch die Politik Bestätigung: Ende März schob Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein in Berlin den schnellen Flitzer in Deutschland endgültig auf das Abstellgleis. Ob China die Chance nutzt und dem Konsortium Siemens/ThyssenKrupp das Know-how abkauft, ist ungewiss, ja unwahrscheinlich. Denn schon bisher zierten sich die Chinesen, aus der halbstarken – weil nur sieben Kilometer langen – Strecke zwischen dem Shanghaier Business-Viertel Pudong und dem neuen Shanghaier Flughafen gleichen Namens eine ausgewachsene Bahnverbindung zu machen: Weder wurde die Ausweitung zu Shanghais 160 Kilometer entfernter Nachbarmetropole Hangzhou beschlossen noch bauen die Chinesen die neue Schnellfahrstrecke Peking-Shanghai in Magnetschwebetechnik, sondern als Rad-Schiene-Hochgeschwindigkeitsbahn. So sehr sich Experten für den Transrapid begeistern konnten, – aus dem „Leuchtturmprojekt Deutschlands” (Bahn-Chef Hartmut Mehdorn) ist das geworden, was Leuchtfeuern derzeit oft widerfährt: Technische Entwicklungen haben sie überflüssig gemacht. Seit 1989 verkehren in Frankreich Züge mit einer fahrplanmäßigen Spitzengeschwindigkeit von 300 km/h. Seit sechs Jahren fährt auch der deutsche ICE 3 auf der Strecke Köln-Frankfurt/Flughafen 300 km/h. Inzwischen kommt der TGV (Train à Grande Vitesse) auf einigen Strecken auf 320 km/h, so auf der Verbindung, die Paris seit letztem Jahr mit Süddeutschland verbindet. Auch der ICE 3 erreicht dort planmäßig diese Höchstgeschwindigkeit. Und ab 2009 soll der Velaro E die spanischen Metropolen Madrid und Barcelona mit einer Dauerhöchstgeschwindigkeit von 350 km/h verbinden (Velaro ist ein Kunstwort, abgeleitet vom spanischen Begriff für Hochgeschwindigkeit, velocidad alta).

DIE REKORDFAHRT – EIN FEHLSCHLAG?

Dass damit das Rad-Schiene-System noch längst nicht ausgereizt ist, beweisen die aktuellen Rekordfahrten. Im Juli 2006 erreichte der Serienzug Velaro des Herstellers Siemens 403,7 km/h. Im April 2007 donnerte ein hochgezüchteter TGV des französischen Herstellers Alstom mit 574,8 km/h über die Gleise. Der Rekord-TGV war auf eine Leistung von 19 600 Kilowatt getrimmt. Zum Vergleich: Die Gesamtleistung eines aus acht Wagen bestehenden Velaro beträgt 8800 Kilowatt. Der ICE 3 kommt auf 8000 Kilowatt. So publikumswirksam die Rekordfahrt in Frankreich auch inszeniert war, nach Ansicht von Andreas Dillmann, dem Direktor des Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik beim DLR in Göttingen, wurde das wirkliche Ziel nicht erreicht: „Streng genommen war das eigentlich ein Fehlschlag. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Franzosen den absoluten Weltrekord für Züge brechen wollten, und den hält die japanische Magnetschwebebahn JR-Maglev mit 581 km/h.”

Auch wenn es in manchen Kreisen immer wieder in Abrede gestellt wird: Hohe Geschwindigkeiten sind ein Faszinosum, begeistern Publikum und Passagiere und motivieren Ingenieure zu immer neuen Höchstleistungen. Jüngster Beleg: die Präsentation eines Prototyps des französischen Hochgeschwindigkeitszugs AGV (Automotrice à Grande Vitesse) am 5. Februar dieses Jahres. Der AGV, der im Regelbetrieb 360 km/h erreichen kann, war vielen deutschen Medien, angefangen bei der ARD-Tagesschau, einen großen Bericht wert – stets verbunden mit der Frage, ob damit der ICE von Siemens abgehängt werde.

In der Realität stellt sich die Sache anders dar. Mit dem ICE 3 hat Siemens bereits vor zehn Jahren auf eine revolutionäre Hochgeschwindigkeitstechnologie gesetzt. Einmal im Hinblick auf höhere planmäßige Höchstgeschwindigkeiten – vor allem aber bezüglich der Beförderungskapazität. Denn anders als die verkehrenden TGV kommen ICE 3 und Velaro ohne Triebköpfe aus. „ Bei gleicher Zuglänge können wir 20 Prozent mehr Personen befördern als die Konkurrenz. Das heißt, wir fahren wirtschaftlicher”, sagt Siemens-Bahntechnikmanager Jürgen Model. Die Antriebe sind unter den Fahrgastzellen angeordnet. Jeder zweite Wagen hat vier Motoren und damit vier angetriebene Achsen. „Ähnlich wie beim Allradantrieb im Straßenverkehr bringen wir dadurch die Motorenleistung besser auf die Schiene und bewältigen Steigungen bis zu vier Prozent”, erläutert Model. Mit reichlicher Verspätung zieht Alstom nach. Der AGV kommt ohne Triebköpfe aus, hat deshalb deutlich mehr Sitzplätze als der TGV und soll 15 Prozent weniger Energie verbrauchen als seine Hauptkonkurrenten. Die Motoren befinden sich auf den Drehgestellen. Den Schienenverkehr bereichern wird diese Neuentwicklung allerdings erst ab 2011 – in Italien. 25 Züge sind vom Bahnbetreiber NTV bestellt. Spanien ist weiter: Täglich 24 Velaro verbinden seit Kurzem Madrid und Barcelona mit einer vorläufigen Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h. „Um das Ziel von 350 km/h auch im Passagierverkehr erreichen zu können, müssen noch einige Zulassungsverfahren abgewickelt werden”, sagt Model, der bei einer Streckenfahrt wiederholt betont: „Wir könnten auch schneller.” Fahrplanmäßige Spitzengeschwindigkeiten von 350 km/h werden auch andere Länder erreichen wollen. Insgesamt 8300 Kilometer Höchstgeschwindigkeitsstrecken sind nach den aktuellen Angaben des Internationalen Eisenbahnverbandes UIC weltweit im Bau, weitere 18 800 Kilometer sind in der Planung. „Allein die Chinesen wollen in den kommenden 15 Jahren 12 000 Kilometer bauen und damit ein umfangreicheres Netz errichten, als alle anderen Länder zusammen haben”, sagt Arnd Stephan, Professor und Geschäftsführender Direktor des Kompetenzzentrums für Hochleistungsbahnen und Magnetbahnsysteme der TU Dresden. Die beim aktuell vorhandenen Hochgeschwindigkeitsnetz führenden Länder heißen Japan (Streckenlänge: 2200 km), Frankreich (1500 km) und Deutschland (800 km). Welche Dynamik von diesen Superzügen ausgeht, zeigt Spanien. 2007 kündigte Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero an, schon 2010 wolle sein Land die meisten High-Speed-Kilometer der Welt haben.

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WOHNEN IN KÖLN, ARBEITEN IN FRANKFURT

Es ist nicht nur die Faszination der Geschwindigkeit, die Bahnverbindungen immer schneller werden lässt. Hochgeschwindigkeitszüge eröffnen Wirtschaft und Arbeitsmarkt völlig neue Perspektiven. Seit 1991 ist die Zeitdistanz zwischen Mannheim-City und der rund 100 Bahnkilometer entfernten Stuttgarter Innenstadt auf 38 Minuten geschrumpft. Die 180 Kilometer zwischen den Hauptbahnhöfen von Köln und Frankfurt legen Züge in einer Stunde und 20 Minuten zurück. Und die im Dezember 2006 in Betrieb gegangene neue Trasse von Nürnberg nach München bringt Bahnkunden innerhalb von 62 Minuten von einer Innenstadt in die andere. Diese Verbindungen sind gut ausgelastet – nicht zuletzt durch Tagespendler. Fünf Jahre nach der Eröffnung der Neubaustrecke Köln-Frankfurt konstatierte die Deutsche Bahn AG: „Insgesamt stieg die Zahl der Kunden zwischen Frankfurt und Köln seit 2003 um 36 Prozent.” Und in Bezug auf die Stopps an den Bahnhöfen von Limburg, Montabaur und Siegburg: „Hier sind es vor allem die ICE im Berufsverkehr, die von Pendlern nach Frankfurt am Main sehr gut angenommen werden.” Auch das spanische Ciudad Real ist ein interessantes Beispiel: Um 20 Prozent wuchsen dort die privaten Investitionen nach dem Anschluss der Stadt an das spanische Hochgeschwindigkeitsnetz, ein Effekt der kürzeren Fahrzeit nach Madrid.

Begonnen hat die Ära der Hochgeschwindigkeitszüge mit dem Shinkansen, der seit 1964 in Japan unterwegs ist. „Stets pünktlich auf die Minute und so ausgelastet, dass alle Strecken wirtschaftlich betrieben werden können”, weiß Bahnprofessor Stephan. Überdies ist der Shinkansen eines der sichersten Verkehrsmittel und der sicherste Hochgeschwindigkeitszug überhaupt. Von seiner Inbetriebnahme bis heute soll es noch zu keinem bahnbedingten Unfall mit Todesfolge gekommen sein. Selbst bei einem heftigen Erdbeben der Stärke 6,4 im Oktober 2004, als zum ersten Mal ein Zug entgleiste, wurde niemand schwer verletzt. Aus ihrem technologischen Vorsprung haben die Japaner auf anderen Kontinenten indes keinen Vorteil gezogen. Denn weltweit waren die Franzosen mit dem TGV unangefochtenes Zugpferd. Dessen Hersteller Alstom hat aktuell 550 Züge verkauft, weitere 100 sind bestellt. Durch die ICE-3-Technologie holte der Hersteller Siemens auf. „ Neben den 26 Velaros, die bereits ausgeliefert wurden, haben wir 2006 Züge für die entstehende Schnellfahrstrecke Sankt Petersburg-Moskau verkauft. 60 Velaros fahren demnächst in China – die ersten starten aus Anlass der Olympischen Spiele im August”, erklärt Model. Insgesamt wurden bisher rund 160 ICE 3/Velaro an den Mann gebracht.

„Aus meiner Sicht nimmt der Verschleiß über 300 km/h exponentiell zu”, argumentiert Rainer Schach, Professor und Direktor des Instituts für Baubetriebswesen der TU Dresden. Nicht nur der Verschleiß: Auch der Energiebedarf steigt gewaltig an – und noch mehr der Leistungsbedarf. „Der Energiebedarf wächst wegen des quadratisch zunehmenden und bei hoher Geschwindigkeit dominanten Luftwiderstands nahezu im Quadrat der Geschwindigkeit, der Leistungsbedarf entsprechend in der dritten Potenz”, sagt Wolfgang Fengler, Professor am Institut für Bahnsysteme der TU Dresden. „Wenn ich keine sitzplatzlosen Antriebsfahrzeuge haben will, ist die Kapazität nach oben hin begrenzt.”

BREMSENDE VORSCHRIFTEN

Schach ist nach wie vor überzeugt davon, dass bei Geschwindigkeiten ab 350 km/h das Magnetbahnsystem des Transrapid dem herkömmlichen Rad-Schiene-System überlegen ist. „Beim Energiebedarf, beim Steigeverhalten, aber auch hinsichtlich der Emission von Geräuschen und Erschütterungen kann die herkömmliche Eisenbahn nicht mithalten.” Sein Aachener Professorenkollege Dellmann beurteilt den Transrapid weit zurückhaltender. Für ihn ist die Infrastruktur ein nahezu unlösbares Problem. „Für den Transrapid muss alles neu geschaffen werden. Bei dichter Besiedlung und einem bereits gut ausgebauten Schienensystem ist ein solches Vorhaben reine Verschwendung.” Einig sind sich die Experten in einem: Die durch Vorschriften erzwungene Langsamfahrt vor und nach Haltebahnhöfen drückt die Durchschnittsgeschwindigkeit deutlich. „Nicht die Höchstgeschwindigkeit ist maßgebend für die Attraktivität, sondern die mittlere Reisegeschwindigkeit”, sagen sowohl Schach als auch Dellmann. Egal ob in Frankfurt, München, Köln oder Stuttgart: Die traditionelle Schienenführung sowie die dichte Bebauung der Innenstädte nötigen den ICE nicht selten zu fünf oder sogar zehn Minuten langen Schleichfahrten.

Völlig neu konzipierte Haltestationen haben hier einen besonderen Wert. So kann der Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe mit hoher Geschwindigkeit angefahren werden. Auch die beschlossene Untertageverlegung der Bahntrasse in Stuttgart wird die Fahrzeiten nach Frankfurt oder München deutlich verkürzen. Das Vorhaben soll bis 2020 abgeschlossen werden. Ursprünglich sollte der neue Bahnhof 21 bereits heute in Betrieb sein. Auch wenn bei der Deutschen Bahn offiziell nirgendwo die Rede davon ist, dass die Züge deutlich höhere Spitzengeschwindigkeiten erreichen sollen (Bahn-Chef Mehdorn: „Wir wollen und werden nicht über 300 km/h hinausgehen”), gibt es sehr wohl eine deutsche Forschungseinrichtung, die sich damit beschäftigt. Mit dem Projekt „Next Generation Train” (NGT) will sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in der Bahntechnik profilieren. „ Unser Ziel ist, den Next Generation Train so zu konfigurieren, dass er mit dem spezifischen Energieverbrauch eines ICE 3 fährt – aber 100 km/h schneller”, erklärt Sigfried Loose, Gruppenleiter Fahrzeug-Aerodynamik am Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik.

ABHEBEN SOLL DER SUPERZUG NICHT

Als Physiker weiß Loose natürlich, dass er dann mit dem bei höherer Geschwindigkeit quadratisch wachsenden Luftwiderstand ein Energieproblem bekommt. Den erhöhten Verbrauch will er an anderer Stelle kompensieren. „Bei Hochgeschwindigkeitszügen gibt es durch Leichtbau noch viele Energieeinspareffekte. Durch Leichtbau und Doppelstockausrichtung können wir den Energieverbrauch drücken”, erklärt Loose. Ziel ist, pro Fahrgast und 100 Kilometer Strecke deutlich weniger Energie zu verbrauchen, als in drei Litern Benzin steckt.

Um Leichtbauweisen stärker in die Bahntechnik zu integrieren, muss die Aerodynamik solcher Systeme von Grund auf verstanden werden. In den Windkanälen an den DLR-Standorten Göttingen und Köln hat man über viele Jahre unzählige Erfahrungen gesammelt und scheint für die neue Herausforderung bestens gerüstet zu sein. „ Wir wollen Industrie und Betreibern zeigen, dass der Zug bei höchsten Geschwindigkeiten trotz Leichtbau am Boden bleibt. Dies bedarf kluger aerodynamischer Features, die es bisher so nicht gibt”, sagt Loose.

Eine längere Schnauze in Verbindung mit Flügelstummeln etwa würde dem Leichtbauzug trotz höherer Geschwindigkeit weitere Bodenhaftung verschaffen und den Druckgradienten bei der Tunneldurchfahrt deutlich reduzieren. „Wir arbeiten unter der Prämisse, das bisher zugelassene Lichtraumprofil einzuhalten”, ergänzt Loose. Im Klartext: Auch auf bestehenden Strecken könnten demnach zwei NGT aneinander vorbeihuschen. Probleme mit Oberleitung und Stromabnehmer sehen Loose und sein Institutsleiter Dillmann nicht: „Die 400 km/h sollte die Oberleitung aushalten. Erst darüber treten Resonanzschwingungen in der Oberleitung auf.”

Wolfgang Fengler beurteilt das skeptisch, gibt aber gleichwohl zu Protokoll: „Vor zwanzig Jahren haben Experten bezweifelt, dass das System Stromabnehmer/Oberleitungen bei 300 km/h lückenlos funktioniert.” Das NGT-Konzept greift nur, wenn ein solcher Zug, der nicht länger als ein ICE 3 sein soll, deutlich mehr Menschen befördert. Und das ist nicht nur eine Frage des verfügbaren Platzes, sondern auch der Nachfrage. Ohne das dazu nötige Fahrgastaufkommen wäre die Idee der Energieeinsparung durch doppelte Fahrgastauslastung eine Milchmädchenrechnung. Dies wissend, arbeiten die DLR-Aerodynamiker auch am Raumklima und am Druckverhalten in den Zügen. „Beide Eigenschaften können noch deutlich verbessert und so der Fahrkomfort gesteigert werden. Wenn wir es schaffen, das Raumklima eines Zugabteils so an den Wünschen der Reisenden auszurichten, wie das in der automobilen Oberklasse gang und gäbe ist, holen wir weitere Fahrgäste von der Straße auf die Schiene”, glaubt Sigfried Loose. Der Instituts-Chef ist noch mutiger und prophezeit: „Die meisten bdw-Leser werden selbst mit einem doppelstöckigen Hochgeschwindigkeitszug fahren.” ■

von Wolfgang Hess

KOMPAKT

· Weltweit boomt der Bau von Hochgeschwindigkeitsbahnen.

· Der Kampf um die besten Züge tobt vor allem zwischen den Herstellern Alstom und Siemens.

· Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt arbeitet bereits an Einheiten, die planmäßig 400 km/h fahren sollen.

DER KAMPF GEGEN DIE LUFT

Mit steigender Geschwindigkeit kämpfen Züge zunehmend gegen den Luftwiderstand an, der dann den größten Teil des Fahrwiderstands ausmacht: Der Energieverbrauch wächst proportional zum Fahrwiderstand. Die Folge: Auch wenn der Zug nicht mehr beschleunigt, wird den Motoren weiter höchste Leistung abverlangt, um das Tempo zu halten. Der Leistungsbedarf ist das Produkt aus Fahrwiderstand mal Geschwindigkeit. Die Messwerte beziehen sich auf einen mit konstanter Geschwindigkeit fahrenden achtteiligen ICE 3 mit einem Gewicht von 442 Tonnen.

HochgeschwindigkeitsTrassen: HEUTE UND 2025

Europas Hochgeschwindigkeitsbahnen befahren gegenwärtig eine Gesamtstrecke von 5566 Kilometern – und erreichen dort planmäßig über 250 km/h. Die Internationale Eisenbahngesellschaft UIC geht davon aus, dass dieses Netz bis 2025 auf 17 500 Kilometer anwachsen wird. Die Lage der geplanten Ausbaustrecken beruht auf Angaben der diversen Bahnbetreiber.

DIE SPANISCHE REKORDFAHRT

Alberto Gonzáles Fontaneda ist Weltrekordhalter. Am frühen Morgen des 16. Juli 2006, genau gesagt gegen 3.30 Uhr, erreichte der von ihm gesteuerte Velaro die Spitzengeschwindigkeit von 403,7 km/h. Kein serienmäßig hergestelltes Schienenfahrzeug ist je schneller gefahren. Bei den Rekordfahrten, die die Franzosen mit ihren TGV erreichten, handelte es sich stets um aufgerüstete Hochgeschwindigkeitszüge. So hat der Rekordversuch im April 2007, bei dem ein TGV 574,8 km/h erreichte, mindestens 30 Millionen Euro gekostet – ein Preis, der höher liegt als der eines funkelnagelneuen TGV.

Für die Velaro-Rekordfahrt verbrauchte der Zug auf der leicht abschüssigen Strecke Madrid-Barcelona 9450 Kilowattstunden Strom. Für die Rückfahrt, die ohne Rekordversuch blieb, benötigte der achtteilige Zug, der im Regelbetrieb 404 Sitzplätze hat, dann sogar 10 820 Kilowattstunden. Ist das viel, ist das wenig? Urteilen Sie selbst: Der durchschnittliche Stromverbrauch eines deutschen Vier-Personen-Haushaltes liegt bei etwa 4500 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr. Wer in seinem Mittelklassewagen 100 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 150 km/h über die Autobahn brettert, verbraucht dabei gut 70 Kilowattstunden.

FASZINATION GESCHWINDIGKEIT

Wie viele Kilometer haben Sie als Lokführer in Ihrem Leben hinter sich gelassen?

Rund 900 000 Kilometer.

Was unterscheidet das Fahren eines ICE von dem eines Nahverkehrszugs?

Erstens die Geschwindigkeit – und zweitens die hochmoderne Technik im ICE.

Ist das Führen eines ICE bei all der integrierten Elektronik noch eine Herausforderung?

Oh ja, auch wenn manches für den Außenstehenden einfach aussieht. Aber die Technik zu beherrschen, will gelernt sein. Manches nimmt einem die moderne Elektronik heute zwar ab, aber ein waches Auge muss man trotzdem immer haben.

Hat es Sie am Anfang gestört, dass Ihnen im ICE Reisende über die Schulter schauen können?

Eigentlich nicht. Es gibt vielleicht Tage, da stört es ein wenig, an anderen überhaupt nicht.

Welche Verspätung kann man durch schnelleres Fahren auf der Strecke Köln Hauptbahnhof bis Frankfurt/ Flughafen wieder gutmachen?

Wenn man dort keinen Zwischenhalt hat, sind acht bis zehn Minuten möglich. Läuft andererseits alles nach Plan, können bei dieser Strecke mehrere Hundert Kilowattstunden Strom eingespart werden.

Die Rekordfahrten der Bahnen

Jahr Land Lok oder Zug Antrieb Spitzengeschwindigkeit in km/h

27.10.1903 Deutschland AEG-Triebwagen mit Drehstromantrieb Elektro 210,2

21.06.1931 Deutschland Schienenzeppelin mit Propellerantrieb Benzin 230

11.05.1936 Deutschland Baureihe 5 Dampflok Dampf 200,4

03.07.1938 Großbritannien Dampflok A4 Pacific „Mallard” Dampf 202,6

29.03.1955 Frankreich Elektrolok BB9004 Elektro 331

23.07.1966 USA Diesel-Zug mit Turbinen Diesel 295

12.06.1973 Großbritannien Diesel-Lok Diesel 230,4

26.02.1981 Frankreich TGV Elektro 380

01.11.1987 Großbritannien Diesel-Lok Diesel 238

01.05.1988 Deutschland IC Experimental Elektro 406,9

18.05.1990 Frankreich TGV Atlantique Elektro 515,3

01.12.1992 Russland TEP-80 Diesel 271

17.06.1993 Deutschland Transrapid Magnetschwebe 450

02.12.2003 Japan JR-Maglev Magnetschwebe 581

16.07.2006 Spanien Velaro E-Regelzug Elektro 403,7

03.04.2007 Frankreich Triebkopfzug TGV Elektro 574,8

MEHR ZUM THEMA

INTERNET

Alle schnellen Züge der Welt: www.hochgeschwindigkeitszuege.com/ index.htm

weitere Infos zu ICE 3 und Velaro: www.siemens.de/mobility/ presskit-velaro

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DLR Nachrichten Sonderheft VERKEHR Köln, November 2007 Zu beziehen über: pressestelle@dlr.de

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