Betrunkene, die eine Schlägerei anzetteln oder andere Straftaten begehen, können sich oft auf verminderte Schuldfähigkeit herausreden. Wer unter Alkoholeinfluß handelt, ist nicht mehr Herr seiner Sinne – so die gängige Meinung. Dem widerspricht eine Untersuchung kanadischer Wissenschaftler der Waterloo-Universität in Ontario. Das Team um Muriel Vogel-Sprott gab der Hälfte einer Gruppe von Freiwilligen Alkohol zu trinken, während die andere Hälfte nüchtern blieb. Danach mußten die Testpersonen immer dann, wenn sie vom Computer dazu aufgefordert wurden, einen Knopf drücken. Wenn auf dem Monitor jedoch gleichzeitig ein rotes Licht aufleuchtete, sollten sie nicht reagieren. Vogel-Sprott: „Die Angetrunkenen drückten den Knopf zunächst eher wahllos – ähnlich einem Rowdy, der unter Alkohol grundlos auf jemanden einprügelt.“ Gleichzeitig fanden die Forscher aber heraus, daß man die alkoholisierten Testpersonen durch Belohnungen, zum Beispiel ein Lob, dazu bringen konnte, genauso zu handeln wie die nüchternen. „Das bedeutet, daß Betrunkene ihr Verhalten durchaus kontrollieren können, wenn sie nur wollen“, meint Vogel-Sprott. Daher müsse man die These von der verminderten Schuldfähigkeit überdenken.
Hans Groth