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Technik-Trend: Daten unter Dampf

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Technik-Trend: Daten unter Dampf
Mit viel Tamtam wirbt die Telekom für den Hochgeschwindigkeits-Internetzugang ADSL. Doch der Daten-Turbo hat Tücken.

AOL gibt sich kämpferisch: Der Hamburger Onlinedienst möchte seinen Kunden „so schnell wie möglich“ einen Hochgeschwindigkeitszugang für das Surfen im Internet anbieten. Die Technik, die AOL für diesen Zweck geeignet scheint, heißt „ Asymmetric Digital Subscriber Line“, kurz: ADSL. Das Besondere: ADSL kann Telefonkabel aus Kupfer, die seit eh und je zwischen den Ortsnetzzentralen der Deutschen Telekom und dem Kunden auf der „letzten Meile“ liegen, quasi aufweiten und macht aus einem oft verstopften Nadelöhr durch eine intelligente Verschickung der Datenpakete eine Rennstrecke.

In fünf Jahren, so prophezeien Marktforscher von Forrester Research, soll jeder fünfte Internet-Anschluß in Deutschland mit ADSL ausgerüstet sein. ADSL verspricht Internet-Fans ruckelfreie Videoübertragungen aus Internet-Studios und Stadien, bequemes Herunterladen von ganzen Musikalben im komprimierten MP3-Format und Internet-Fernsehen – kurz: Multimedia im Netz wird für Privathaushalt und Massenmarkt erschwinglich. Doch die Technik hat noch Tücken. Das Netz sei durch den Ansturm an seiner Belastungsgrenze, so vermeldet die Service-Hotline der Deutschen Telekom – statt Turbo-Download müssen frustrierte Kunden mit einer „DSL-Gedenkminute“ rechnen. Um die ADSL-Technik nahezu bundesweit in die Haushalte zu bringen, ist Vorarbeit nötig, die die Deutsche Telekom in diesem und dem kommenden Jahr rund zwei Milliarden Mark kosten wird. Lokale DSL-Anbieter wie MobilCom oder Arcor beschränken ihr DSL-Angebot auf eigene Ortsnetze – die liegen vornehmlich in den großen Ballungszentren.

Die Telekom-Tochter T-Online möchte Ende des Jahres neun von zehn Kunden mit ADSL-Technik versorgen – aller Häme zum Trotz. „ Wir waren mit der DSL-Technik als erste am Markt. Da gibt es am Anfang natürlich Probleme“, meint Wilfried Seibel, Techniksprecher der Deutschen Telekom. Damit ein Signal in DSL-Technik durch die Kupferkabel kommt, werden in den Ortsnetz-Zentralen ADSL-Modems eingebaut, die Serviceprovider nutzen und anmieten können. Von hier aus werden die Daten an die Kunden zentral verteilt. Reicht die Kapazität für den Massenansturm nicht aus, kommt das System zum Erliegen. „Außerdem müssen die Techniker in den Hotlines das Produkt erst richtig kennenlernen“, vermutet Markus Kreusch von der Unternehmensberatung Simon Bucher und Partner aus Bonn. „Das war bei der Markteinführung von ISDN ähnlich.“ Von anderen Problemen erfährt der ADSL-Kunde nur aus der Zeitung. Die letzte Meile gehört in der Regel der Deutschen Telekom, die sie nur ungern zu Schleuderpreisen freigibt. Jens Nordlohne, Sprecher von AOL, hält dieses Verhalten für Besitzstandswahrung des ehemals staatlichen rosa Riesen.

Noch ist nicht klar, in wie weit die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post mit einer wichtigen Entscheidung Anfang Februar durchgreift und den Anbietern von Inhalten, sogenannten Content-Providern wie AOL, entgegenkommt. Dann nämlich wird geklärt, ob die Deutsche Telekom ihre Infrastruktur – insbesondere die letzte Meile – zum Allgemeingut machen muß: Zur Zeit kostet die Nutzung der letzten Meile 25 Mark 40 plus zeitabhängigem Tarif. Unkosten, die Serviceprovider gerne in eine sogenannte Großhandelsflatrate umwandeln würden – eine Pauschale pro Kunde, der das Netz dann so lange wie er will ohne Zusatzkosten durchforsten kann.

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„Die Todesliste der Unternehmen, die eine DSL-Flatrate bundesweit über eine Kooperation mit der Telekom angeboten haben, sich daran verhoben haben und ihr Angebot dann wieder vom Markt nehmen mußten, wird immer länger“, konstatiert Jens Nordlohne von AOL. Lediglich die 1 & 1 Internet AG bietet der Deutschen Telekom zur Zeit bundesweit Paroli. Deren Stück vom Umsatz-Kuchen: die 80 Prozent der Nutzer, die weniger als ein Gigabyte pro Monat herunterladen – die also das Internet vergleichsweise wenig nutzen.

Markus Kreusch von Simon Kucher und Partner hingegen spricht von einer „Kostenlos-Mentalität“ vieler Serviceprovider, die deswegen auch nicht am Markt bestehen konnten. Einer der großen Internet-Anbieter, die Firma AddCom AG, wartet deshalb die Entscheidung der Regulierungsbehörde erst ab, ehe sie ein Angebot ausarbeitet. „Der Schwarze Peter wird, sollte die Regulierungsbehörde hart eingreifen, an die Deutsche Telekom weitergereicht“, meint Kreusch, „doch dadurch ist nichts gewonnen“ . Mit dem ADSL-Angebot ließe sich nämlich sowieso kein Geld verdienen, da die Zugangskosten tendenziell immer mehr in den Keller gingen. Das bedeutet: „Wer die ADSL-Technik anbietet, muß Inhalte liefern, die sich per Werbung finanzieren lassen“, so Kreusch. In den USA beispielsweise docken Serviceprovider an den Ortsnetz-Zentralen kostenlos an. Mit der Konsequenz, daß die Existenzangst bei einigen Ortsnetzbetreibern umgeht. Fliegen sie aus dem Markt, kommt niemand mehr ins Internet – da hilft auch kein Superhighway mehr.

Andreas Schmitz

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