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Das Ende der lahmen Enten

Allgemein

Das Ende der lahmen Enten
Nach Korruption und Vetternwirtschaft: Prinzip Hoffnung

Brüssel gleicht einem Hühnerhof. Seit dem Rücktritt der kompletten EU-Kommission unter Jacques Santer wirkt die europäische Beamtenschar kopflos. Nach dem vernichtenden Urteil der fünf Weisen, die EU-Behörde sei „außer Kontrolle“ geraten, sind mehr als Federn in der europäischen Hauptstadt geflogen. Die Beamten in den 23 Generaldirektionen flattern zwar emsig und demonstrieren business as usual. Aber gerade in der Generaldirektion Forschung ist seit Wochen Abtauchen angesagt. Hat doch zuvorderst das kurzsichtige Trotzver-halten von EU-Forschungskommissarin Edith Cresson die gesamte 19köpfige Kommission ins Trudeln gebracht.

Am Square de Meeus, dem Sitz der Generaldirektion Forschung, keimt nun Hoffnung für die Zukunft der EU-Forschungsstrukturen. Denn der designierte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi steht nicht nur für eine Erneuerung von Köpfen. Ihm traut die Brüsseler Szene zu, die Behörde einer strengen Managementkur zu unterziehen.

Der neue „Hahn im Korb“ hat als ehemaliger italienischer Ministerpräsident auf der Apennin-Halbinsel unter Beweis gestellt, daß er zu tiefgreifenden Reformen fähig ist. So wird dem „Professore“ zugetraut, auch in Brüssel dem eingeschliffenen Laisser-faire ernsthaft begegnen zu können.

Das soeben angelaufene, 15 Milliarden Euro (29 Milliarden Mark) schwere fünfte EU-Forschungsrahmenprogramm ist hierbei der Prüfstein für ein besseres Programm- und Finanz-Management in der EU. Neben der dringend notwendigen Modernisierung von Verwaltungsstrukturen soll vor allem der Effizienzkontrolle von Forschungsprogrammen künftig viel mehr Beachtung geschenkt werden.

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Wie stark der designierte Kommissionspräsident tatsächlich die Brüsseler Strukturen verändern kann, hängt nicht zuletzt vom politischen Willen der 15 EU-Staats- und Regierungschefs ab. Erste Weichenstellungen werden im Juni 1999 vom EU-Gipfel in Köln erwartet. Im Vorfeld ließ Prodi wissen: Bei der Auswahl der prestigeträchtigen EU-Kommissionsjobs werde er keine „lahmen Enten“ akzeptieren.

EURO-TICKER Frankreich verliert Forschungskompetenz. Die Vorentscheidung, wer Nachfolger von Edith Cresson als EU-Forschungskommissar wird, fällt im Juni beim Europäischen Gipfel in Köln. Bis dahin will der designierte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi seine 19köpfige Brüsseler Riege aus den 15 Mitgliedsstaaten zusammengestellt haben. Daß einer der beiden deutschen Kommissare den Bereich Forschung übernimmt, gilt als unwahrscheinlich. Sicher ist nur, daß Frankreich dafür nicht mehr zuständig sein wird.

OLAF gegen Korruption. Ein neues „Amt zur Betrugsbekämpfung“ (OLAF) soll künftig innerhalb von wenigen Stunden bei begründetem Korruptionsverdacht in europäischen Institutionen vorgehen können.

ISPRA unter der Lupe. Die Effizienz der Gemeinschaftlichen Forschungsstelle der EU im oberitalienischen ISPRA soll stärker kontrolliert werden. Auch die neue Ausrichtung von Forschungs-schwerpunkten steht zur Debatte. Frankreich verliert Forschungskompetenz. Die Vorentscheidung, wer Nachfolger von Edith Cresson als EU-Forschungskommissar wird, fällt im Juni beim Europäischen Gipfel in Köln. Bis dahin will der designierte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi seine 19köpfige Brüsseler Riege aus den 15 Mitgliedsstaaten zusammengestellt haben. Daß einer der beiden deutschen Kommissare den Bereich Forschung übernimmt, gilt als unwahrscheinlich. Sicher ist nur, daß Frankreich dafür nicht mehr zuständig sein wird.

EURO-PORTRAIT „In manchen EU-Forschungsprogrammen summieren sich die Verwaltungskosten auf die gleiche Höhe wie die zu verausgabenden Forschungsgelder“, kritisierte Romano Prodi kürzlich die Brüsseler Bürokratie. Der Professor für Wirtschaftswissenschaften und Industriepolitik an der Universität Bologna achtet auf das rechte Verhältnis von Wirtschaft und Wissenschaft. Als Ministerpräsident der Stiefel-Republik brachte er nicht nur die Anpassung der italienischen Hochschulen an europäische Bildungsnormen voran, sondern machte Italien auf striktem Sparkurs überdies „eurotauglich“. Seine Fähigkeit als Krisenmanager stellte er nach dem Erdbeben in Umbrien im Herbst 1997 unter Beweis.

Beste Karten für Brüssel also? In Straßburg zumindest, im Europäischen Parlament, sammelt Prodi nur Pluspunkte. Bevor er zum Santer-Nachfolger gekürt wurde, hatte er bereits seine Kandidatur für die Europawahlen am 13. Juni 1999 angekündigt. Jetzt steht ein Rollentausch an: Während Prodi zugunsten höherer EU-Weihen auf den Einzug ins Europaparlament verzichtet, nominierten die Luxemburger den gestrauchelten Kommissionspräsidenten Santer als Spitzenkandidat für das EU-Parlament – Brüsseler Spitzen der besonderen Art.

Thomas A. Friedrich

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