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„Einmal im Jahr ein Dankesbrief“

Allgemein

„Einmal im Jahr ein Dankesbrief“
Floyd E. Bloom, 62, ein führender Hirnforscher, ist seit Mai 1995 Chefredakteur von Science. In dieser Funktion vertritt er das Blatt vor allem nach außen. Blooms Amtszeit endet am 2. Mai diesen Jahres. Anschließend kehrt er an das Scripps Research Institute in La Jolla bei San Diego zurück.

bild der wissenschaft: Fühlen sich Science-Redakteure als Torwächter der Wissenschaft?

Bloom: Knappe Antwort: ja. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst. Oft teilen wir den Autoren mit: „Obwohl Ihre Arbeit positiv beurteilt wurde, treffen die Inhalte doch nicht die Kriterien für eine Veröffent-lichung in Science.“ Denn im Science-Magazin sollen vor allem Beiträge stehen, die neue Forschungsgebiete beschreiben, neue Methoden oder Theorien.

bdw: Wie viele Arbeiten veröffentlichen Sie pro Woche?

Bloom: Um die 15. Da wir das gesamte Spektrum der Naturwissenschaft abdecken und für jede Disziplin etwas dabei sein sollte, können wir es uns nicht leisten, mehr als zwei oder drei Beiträge zu ähnlichen Themen in einer Ausgabe zu publizieren. Weil wir mit unseren Veröffentlichungen einen weitreichenden wissenschaftlichen Einfluß erzielen wollen, müssen wir Kriterien ansetzen, die über die eigentliche wissenschaftliche Leistung hinausgehen. Deshalb ist die Charakterisierung „Torwächter“ genau richtig.

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bdw: Haben Wissenschaftler die Möglichkeit, ihre abgelehnten Manuskripte noch einmal zu überarbeiten?

Bloom: Wir schauen uns häufig nachgebesserte Arbeiten an, ja wir ermuntern die Autoren geradezu, ihre überarbeiteten Manuskripte nochmals einzusenden. Vor allem dann, wenn beim ersten Versuch nicht klargeworden ist, wie die Experimente wirklich gemacht wurden. Oder bei einer sehr interessanten Entdeckung: Da schlagen wir oft vor, nochmals diese oder jene Kontrollmethode anzuwenden, um das Ergebnis wirklich abzudichten. bdw: Wo werden gegenwärtig die bemerkenswertesten Fortschritte erzielt? Bloom: Die besten Chancen auf eine Veröffentlichung haben Psychologen oder Sozialwissenschaftler. Von dort bekommen wir wenig Einsendungen, was wir gerne ändern würden. Der härteste Wettbewerb läuft unter Hirnforschern, Molekularmedizinern und Genforschern. Hier müssen wir die Schwelle besonders hoch ansetzen. Das schafft Probleme: Einerseits ermutigen wir Autoren in Asien, ihre Arbeiten bei uns einzureichen. Andererseits müssen wir gerade von dort viele ablehnen, weil die Beiträge unseren Standards noch nicht entsprechen.

bdw: Haben Nichtamerikaner mehr Probleme, ihre Arbeiten bei Science unterzubringen?

Bloom: Sprachliche Defizite erschweren es, nicht muttersprachlich englisch sprechenden Autoren mitunter, die Botschaft richtig rüberzubringen. Es gibt allerdings noch eine weitere Schwelle. Denn in anderen wissenschaftlichen Kulturen wird die Publikationsreife eines Manuskripts anders beurteilt. In manchen Ländern reicht es für eine Publikation bereits aus, eine gute Idee zu haben. Wir legen Wert darauf, daß mit der Idee auch die bestmögliche Beweisführung erbracht wird, daß sie richtig ist.

bdw: Amerikaner sind Weltmeister im „ranken“. Gibt es bei Science eine Hitliste der erfolgreichsten Autoren?

Bloom: Leider nein. Es ist sehr selten, daß bei uns jemand mehr als drei- oder viermal pro Jahr publizieren kann.

bdw: Wenn Amerikaner andere Autoren zitieren, so vorzugsweise solche aus dem eigenen Land. Europäer werden gerne unter „ferner liefen“ eingestuft. Sehen Sie Anzeichen, daß sich an dieser Nabelschau etwas ändert?

Bloom: Sie haben recht. Der häufigste Kritikpunkt an unseren Veröffentlichungen ist die unzureichende Berücksichtigung der Literatur.

bdw: Wie wird man bei Science Beirat?

Bloom: Unsere Beiräte sollten eine so hohe internationale Reputation aufweisen, daß ihre Autorität von niemandem in dieser Disziplin in Frage gestellt wird. Die Beiräte werden von uns häufig zu internationalen Kongressen geschickt. Dort bekommen sie einen Eindruck, wer in welchem Feld eine wichtige Rolle spielt, wer die klügsten Fragen stellt oder die besten Daten präsentiert. Wer dabei positiv auffällt, kommt für uns zunächst einmal als Gutachter in Betracht. Der Beirat wird jedes Jahr neu zusammengestellt. Unser Ziel ist es, niemanden für mehr als vier Jahre zu berufen. Allerdings haben wir einige Beiräte, die ihren Job so gut machen, daß es hilfreicher für uns ist, sie zu behalten statt sie auszuwechseln.

bdw: Gibt es für diese Arbeit Geld?

Bloom: Nein. Die Wissenschaftler bekommen einmal im Jahr einen netten Dankesbrief.

bdw: Wieviel Zeit braucht eine erste Begutachtung?

Bloom: Wir bitten die Beiräte, uns binnen 48 Stunden mitzuteilen, ob das Manuskript unseren Kriterien entspricht. Weiterhin fragen wir sie, wer aus der Wissenschaft für die weitere Begutachtung in Frage kommt. Der Beirat hat also nicht die Aufgabe, die dargelegten Sachverhalte nachzuprüfen, sondern er liest die Berichte daraufhin, ob der Inhalt – dessen Richtigkeit hier noch nicht zur Debatte steht – den Kriterien für eine Science-Veröffentlichung entspricht.

bdw: Gibt es Autoren, die ihre Arbeiten gleichzeitig zu Science und zu Ihrem schärfsten Konkurrenten Nature schicken?

Bloom: Es wäre möglich, ist aber vom wissenschaftlichen Standpunkt her verwerflich. In den fünf Jahren als Chefredakteur von Science habe ich nur zwei solche Fälle erlebt. Natürlich gibt es die Möglichkeit, ein von uns abgelehntes Manuskript woanders unterzubringen.

bdw: Eine Ihrer ersten Aktionen bei Science war 1995, das Magazin auch online anzubieten. Was veranlaßte Sie dazu?

Bloom: Ein Vorteil ist: So erfahren die Wissenschaftler überall auf der Welt zur gleichen Zeit, was sich gerade in ihrer Disziplin tut. Wenn wir 25 Jahre in die Zukunft schauen, wird sich das gedruckte Science sogar überlebt haben. Doch in den nächsten Jahren werden die Vorteile des gedruckten Exemplars – wenig Gewicht, einfach zu transportieren, das anzustreichen, was einem wichtig erscheint – noch überwiegen.

bdw: Welche Schritte unternimmt Science, um sich der Welt weiter zu öffnen?

Bloom: Wir haben 10000 Abonnenten mehr in Westeuropa als Nature. Unser Ziel ist es, Nummer eins auch in Europa zu sein. In den meisten Ländern sind wir schon besser oder gleichauf, in Großbritannien liegen wir deutlich hinter Nature. In Japan sind wir vorne. 30000 Abonnenten haben wir im Ausland. Diese Zahl wollen wir pro Jahr um zehn Prozent steigern.

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