Wenn der Mond knapp über dem Horizont steht, erscheint er größer, als wenn er hoch am Himmel ist. In Wirklichkeit ist die Mondscheibe gleich groß, wie sich mit Fotos leicht beweisen läßt. Die Ursache dieser schon von Aristoteles beschriebenen optischen Täuschung haben nun Lloyd Kaufman, Psychologe an der New York University, und sein Sohn James, Physiker bei IBM in San Jose, aufgeklärt: Es ist nicht die scheinbare Größe, sondern die scheinbare Entfernung, die das Gehirn fehlinterpretiert. Der Horizont erscheint in großer Distanz. Das Gehirn meint folglich, daß jedes erkennbare Objekt dort riesig ist – zum Beispiel ein Berg. Bei Objekten hoch am Himmel fehlt dagegen ein Bezugspunkt. Ihre Größe und Entfernung wird vom Gehirn daher anders eingeschätzt. Das ergaben Experimente, bei denen künstliche Monde verschiedener Größe in unterschiedlicher Höhe über künstlichen Horizonten projiziert wurden. Eine ähnliche optische Täuschung hatte Mario Ponzo schon 1913 entdeckt: Zwei gleich lange Striche erscheinen unterschiedlich groß, wenn sie von Linien umgeben sind, die räumliche Tiefe suggerieren.
Rüdiger Vaas