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Der Kupfer-Kurzschluss

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Der Kupfer-Kurzschluss

„In 25 Jahren haben wir kein Kupfer mehr.“ Dieser Titel stand im November 1976 in bild der wissenschaft – über einem Beitrag des renommierten Mineralogen Prof. Wolf von Engelhardt, der vor weiterem Raubbau an den Erzvorräten warnte. Ende 2001 lag ein Brief von Wolfram Beier in der Redaktionspost – von einem langjährigen bdw-Leser mit einem fabelhaften Gedächtnis. Beier erinnerte, 25 Jahre nach dem Engelhardt- Artikel, an dessen zentrale Aussage – und resümierte: „Von einer Verknappung von Kupfer kann heute überhaupt keine Rede sein, im Gegenteil gibt es ein Überangebot. 1998 fiel der Weltmarktpreis sogar auf ein historisches Tief (rund 1600 US-Dollar pro Tonne, d. Red.).“ War die Warnung anno 1976 eine Ente? Von Engelhardt hatte seiner Prognose die Kupfer-Förderung 1973 zugrunde gelegt und angenommen, dass sie weiterhin im Mittel um 4,6 Prozent jährlich steige. Ein Wagnis: „Wachstumsraten der Vergangenheit auf die Zukunft zu übertragen, ist mit großen Unsicherheiten behaftet“, urteilt Dr. Manfred Dalheimer. Er ist Wissenschaftlicher Direktor in der Abteilung Wirtschaftsgeologie, Rohstoffwirtschaft und Internationale Zusammenarbeit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Von Engelhardt lag damals trotzdem nicht so falsch: Zwischen 1995 und 2000 holten die Bergbaufirmen jedes Jahr durchschnittlich 5,3 Prozent mehr Kupfer aus der Erde. 1976 wurden weltweit 7,2 Millionen Tonnen Kupfer abgebaut, 2000 waren es 13,2 Millionen – bald doppelt soviel. Und doch: Der Zeithorizont der Erzvorräte ist annähernd konstant geblieben. 1966 hatte die – so der Fachbegriff – „statistische Lebensdauer“ für Kupfer nach BGR-Angaben bei 39 Jahren gelegen. 2001 lag sie bei 34 Jahren: fast unverändert. Der Grund für diese „rohstoffwirtschaftliche Fata Morgana“ (Dalheimer): Kupfererze in mehreren hundert Metern Tiefe findet nur, wer danach sucht – und das kostet viele Millionen Euro. Als profitorientierte Unternehmen begeben sich Bergbaufirmen daher gar nicht erst auf die Suche, solange sie für die nächsten zehn bis zwölf Jahre über genügend Lagerstätten verfügen. Als von Engelhardt vor Kupferverknappung warnte, schätzten die Fachleute die Vorräte auf 340 Millionen Tonnen. Heute beziffert das BGR sie auf 440 Millionen Tonnen, trotz der dazwischenliegenden 25 Jahre intensiver Förderung. Vor demselben Hintergrund ergibt sich für Bauxit, den Rohstoff für Aluminium, eine viel längere statistische Lebensdauer als für Kupfer: 200 Jahre. „Nicht, weil die Bauxit-Vorräte größer wären als die von Kupfer“, erläutert Dalheimer. „Aber um Bauxit zu finden, ist nicht viel Geld erforderlich.“ Das Aluminium-erz kommt oberflächlich als Verwitterungserde vor und wird daher kostensparend auf Satellitenbildern erfasst. Rohstoffe sind in Regelkreisen mit vielen Stellknöpfen vernetzt. Dreht man an einem, bewegen sich ungewollt fünf andere. So steigt zum Beispiel bei drohender Verknappung der Marktpreis, so dass es lukrativ wird, erneut Geld in die Exploration zu stecken. Beim Kupfer lohnt es sich außerdem, es aus gebrauchten Produkten zurückzugewinnen. Und: Je teurer ein Rohstoff, umso eher können konkurrierende Materialien und alternative Technologien im Markt Fuß fassen. All das macht Prognosen über künftige Rohstoff-Verfügbarkeit fast zur Kaffeesatzleserei. Trotzdem meldet bild der wissenschaft gerne etwas Positives: Die BGR-Experten erwarten nicht, dass Kupfer irgendwann knapp wird.

Frank Frick

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