Arzneimittel von zu Hause aus bestellen – ohne Rezept, ohne vorherigen Arztbesuch – auch das geht im Internet. Angesichts rund einer Million Medikamentenabhängiger in der Bundesrepublik ist das eine bedenkliche Entwicklung. Neben der Suchtgefahr gibt es noch andere Probleme: „Die Informationen, die im Internet zu den Wirkungen der Medikamente stehen, stimmen oft nicht mit denen auf dem Beipackzettel überein – wenn überhaupt einer mitgeliefert wird. Das kann fatale Folgen haben“, warnt Dr. Karl-Heinz Munter von der Bundesärztekammer. So werde beispielsweise Retinal A als Wundermittel gegen Akne angepriesen, dessen fötusschädigende Wirkung aber verschwiegen. Munter bemängelt weiter, daß sich die Anbieter mit ihrer Angebotspalette gezielt an die meist jüngeren Internetnutzer richten. So würden besonders Arzneien zur Leistungsförderung und Streßbewältigung angepriesen.
Für die Qualität der Produkte gebe es jedoch keinerlei Gewähr, da die Herkunft der Medikamente nicht eindeutig festzustellen sei. „Teilweise werden Arzneimittel aus der Karibik verschickt“, empört sich Munter. Für schädigende Nebenwirkungen gebe es dann keinerlei Haftung. Allein deshalb müsse die Pharmaindustrie ein Interesse daran haben, Medikamentenmißbrauch durch das Internet zu verhindern. Doch Munter beklagt: „Bei den bisherigen Verlautbarungen der Branche vermisse ich aber noch das nötige Engagement.“
Sebastian Jutzi