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„Die Zivilisation beruht darauf, das Unbekannte zu erforschen“

Allgemein

„Die Zivilisation beruht darauf, das Unbekannte zu erforschen“
Die Besiedlung des Mars wird der Erde zugute kommen

Jan Osburg, geboren 1971, hat 2002 an der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik der Universität Stuttgart über das Thema „ Ein interdisziplinärer Ansatz zum Vorentwurf bemannter Raumfahrtsysteme“ promoviert. Er lebt jetzt mit seiner Familie in den USA und arbeitet dort als Raumfahrtingenieur.

bild der wissenschaft: Welche Regeln hatte Ihr Mars-Projekt?

OSBURG: Es gab vier – mit abnehmender Priorität: Sicherheit, Simulation, Wissenschaft, Komfort. So haben wir zum Beispiel – Simulation – unsere Station immer nur in Raumanzügen verlassen, obwohl es unbequem war. Es gab nur eine Ausnahme: Den Benzingenerator füllten wir ohne Anzüge nach – Stichwort „ Sicherheit“. Aber einen solchen Generator wird es auf dem Mars ja auch nicht geben. Dort muss man sich mit Sonnenenergie und einem kleinen Atomreaktor behelfen.

bdw: Sechs Leute, die sich vorher nicht kannten, zusammengepfercht auf wenige Quadratmeter, und fast alles weltöffentlich via Internet – das erinnert doch sehr ans „Big Brother“-Fernsehen. Und im vorigen Team verließ ja auch ein Mitglied vorzeitig die Station…

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OSBURG: Den „Big Brother“-Vergleich höre ich oft, aber unser Projekt war ja nicht zur publikumswirksamen Belustigung und nicht auf Konflikte ausgelegt. Der eine Fall, den Sie ansprechen, war schon ein Fall zu viel, und den haben wir – aus ethischen und rechtlichen Gründen – auch nicht veröffentlicht.

bdw: Warum sind Sie überzeugt davon, dass ein menschlicher Außenposten auf dem Mars wichtig ist?

OSBURG: Sicherlich nicht nur wegen Hightech-Arbeitsplätzen und Rohstoffen. Die Zivilisation basierte schon immer darauf, das Unbekannte zu erforschen und neue Landstriche in Besitz zu nehmen. Das hat langfristig positive Auswirkungen, wie etwa die Besiedlung Amerikas zeigt. Selbstverständlich braucht es auf dem Mars mehr als Pferde und Colts. Aber genauso wie Leute in der Wüste Urlaub machen oder sich in Polargebieten eine Heimstatt suchen, wird es irgendwann auch möglich sein, auf dem Mars zu leben. Letztlich kam es der Menschheit immer zugute, wenn es eine Grenze gab, an der sie sich messen konnte – wohin die Kreativen, Unzufriedenen, Rastlosen gingen, sich eigene Regeln suchten.

bdw: Und das beeinflusst auch die Daheimgebliebenen.

OSBURG: Ja. Zivilisationen haben ein Auf und Ab. Das Ab fängt da an, wo die Maximalausdehnung erreicht ist, wenn sich alles verfestigt und sich Kreativität in Bürokratie ausdrückt. Da ist eine physische Grenze wichtig, die man hinausschieben kann.

bdw: Und was motiviert Sie persönlich an diesem Unternehmen?

OSBURG: Auch wenn ich Ingenieur bin, reizt mich vor allem die nichttechnische Dimension. In der Mars Society wirken zum Beispiel etliche Künstler mit – das sind ganz andere Charaktere als die Techniker. Da ist etwa Frank Schubert, der die Stationen errichtet hat, und der mit seiner Crew dann erst einmal ein Mischpult anschloss, um Mars-Musik zu komponieren. Das zeigt: Beim Mars geht es nicht nur um Technik. Man muss das Herz und den Geist der Leute ansprechen. Schubert ist Berufsmusiker, Architekt und Pilot. Er war in den achtziger Jahren kurze Zeit Gitarrist der Kultband Devo. Kurz vor unserer Mission ist er mit seinem Privatflugzeug in den schneebedeckten Rockies abgestürzt und hat eine Nacht verletzt im Wrack ausharren müssen. Zur Stationsübergabe kam er dann auf Krücken – ein wilder Geselle.

Rüdiger Vaas

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