Es war kein ungewöhnlich starkes Erdbeben, das am 26. Dezember 2003 die iranische Stadt Bam weitgehend zerstörte und rund 30000 Menschen tötete. Die Erdbebenwarten gaben eine Magnitude zwischen 6,3 und 6,7 an.
Rund 100 Beben dieser Größenordnung ereignen sich jedes Jahr weltweit. Bei ihnen wird etwa ein Tausendstel soviel Energie frei wie bei den heftigsten bekannten Beben. Es war auch keine Überraschung, dass gerade in dieser Region die Erde rumorte. Denn der Iran und die Türkei sind brisante Erdbebenzonen, wo Erschütterungen zum Alltag gehören. Auf der Weltkarte der Erdbebengefahren tragen beide Länder ein dunkles Rot – die Farbe für große Gefahr. Die Ursache für die Unruhe liegt in dem Gezerre der tektonischen Krustenplatten, die sich bei ihrer Drift über den Erdmantel immer wieder verhaken, bis sie sich irgendwann gewaltsam losreißen.
Die obere Karte zeigt die „Naht“, an der im Roten Meer der Boden aufbricht und neue Kruste entstehen lässt, so dass im Laufe der kommenden Jahrmillionen ein neuer Ozean wachsen wird, der Afrika mehr und mehr von Arabien trennt. Die Arabische Platte schiebt sich dabei mit einer Geschwindigkeit von zwei bis drei Zentimetern pro Jahr nach Nordosten und drückt gegen die Eurasische Platte. Gefährdet sind die Ortschaften längs der Kollisionszone, wo sich die mächtigen Gesteinspakete über- und untereinander schieben und Höhenzüge wie das Zagrosgebirge auffalten. Denn der steinige Aufprall geht nicht ohne Erdbeben ab. Auch die Türkische Platte ist davon betroffen, da sie wie ein Keil zwischen der Arabischen und Eurasischen Platte klemmt und nach Westen gequetscht wird. Die Millionenstadt Istanbul gilt als extrem gefährdet.
Allerdings: Die Stadt Bam liegt rund 400 Kilometer vom Plattenrand entfernt, wie ein Blick auf die iranische Karte (links unten) zeigt. Deshalb blieb es hier in den letzten Jahrhunderten relativ ruhig, und die berühmte Zitadelle auf der Anhöhe konnte 2000 Jahre überstehen. Geologen kennen jedoch einen alten Bruch im Gestein, der den historischen Ort quert. „ Vielleicht wurde diese Verwerfung jetzt wieder aktiviert“, vermutet Erdbebenexperte Prof. Jochen Zschau vom Geoforschungszentrum Potsdam. Schon ein halbes Jahr zuvor, am 21. August 2003, hatte ein Erdbeben der Magnitude 5,9 den Ort erschüttert – ein Mensch starb. Dass an Weihnachten so viele Menschen zu Tode kamen, lag vor allem an der Bauweise der Wohnhäuser. Die Einwohner haben ihre Gebäude in traditioneller Bauweise erstellt – mit Lehmziegeln. Die ein- bis zweistöckigen Häuser stürzten wie Sandburgen ein und ließen nicht einmal Hohlräume entstehen, in denen Verschüttete hätten überleben können.
Klaus Jacob