Wissenschaftliche Bilder müssen auf einem realen Gegenstand oder Prozess gründen. Das ist keineswegs trivial, wenn man bedenkt, dass viele Bilder kein physisches Gegenstück besitzen. Da die sogenannten Scientific Images häufig etwas veranschaulichen, das für das menschliche Auge unsichtbar ist, dienen sie als „Zeichen“ für einen Sachverhalt. Um Zeichen zu beschreiben und zu klassifizieren, benutzen Bildwissenschaftler die Semiotik. Diese wissenschaftliche Disziplin ordnet Zeichen in drei Klassen ein: die ikonischen, die indexikalischen und die symbolischen. Ein ikonisches Zeichen – etwa ein Bild – weist eine erkennbare Ähnlichkeit mit einem Gegenstand auf. Ein Index ist eine sichtbare Spur des im Bild dargestellten Gegenstands – zum Beispiel Rauch, der auf ein Feuer hinweist. Symbole dagegen stehen für zwar willkürliche, aber kulturell fest verankerte Zu-weisungen zu bestimmten Objekten – zum Beispiel die Taube als Sinnbild für den Frieden.
Ob die Bilder, die aus gemessenen elektrischen Strömen in einem Rastertunnelmikroskop errechnet werden, bloß Spuren von Atomen zeigen oder tatsächlich den Atomen ähnlich sehen, ist letztlich ungeklärt. Wie nahe die Aufnahmen an der Realität sind, lässt sich nicht überprüfen. Zeichentheoretisch bleibt die Beziehung zwischen Bild und Objekt deshalb fraglich. Der Betrachter solcher Bilder geht jedoch meist selbstverständlich davon aus, dass die abgebildeten Gegenstände tatsächlich so „ aussehen“, wie durch das Mikroskop gezeigt. Das liegt aber nur daran, dass sie zu seinen „inneren Bildern“ im Gehirn passen.